Autoren-Beiträge Fünf Tipps für die B Corp-Zertifizierung: Ein klarer Kompass ist mehr denn je gefragt
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- von Matthias Adel, Frankfurt am Main
Die Zeiten sind verrückt. Die vergangenen fünf Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen. Corona, Putins Krieg, der Bruch der Ampelkoalition, ein 500-Milliarden-Euro-Paket aus dem Nichts und Trumps Zoll-Eskapaden. Wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage stehen auch Agenturen heute unter deutlich größerem Druck. Im folgenden Autorenbeitrag beschreibt Geschäftsführer Matthias Adel, warum seine Agentur Adel & Link sich in diesen Zeiten dazu entschlossen hat, die B Corp-Zertifizierung anzustreben.

Budgets werden inzwischen schneller und drastischer gekürzt, als wir das in den letzten 25 Jahren gesehen haben – den 11. September 2001 mal ausgenommen. Seit Trump regiert, kassieren große Unternehmen ihre Policies zu Diversität, Gleichberechtigung, Inklusion und Nachhaltigkeit schnell öffentlich ein. Aus Furcht vor wirtschaftlichen Nachteilen.
Klarer Kompass gefragt
Als Kommunikationsdienstleister für große internationale Unternehmen haben und brauchen wir einen klaren Kompass. Seit Herbst 2024 gehört dazu auch, dass wir eine zertifizierte B Corp sind. In der B Corp Bewegung („Business as a Force for Good“) haben sich über 9.000 Unternehmen in mehr als 100 Ländern und über 160 Branchen zusammengefunden.
B Lab nennt sich das gemeinnützige Netzwerk dahinter, das mit neuen Standards, Tools und der Zertifizierung von B Corps für modernes unternehmerisches Handeln einsteht. Das Netzwerk will mit seiner Geschäftstätigkeit einen positiven Einfluss auf die Gemeinschaft, die Gesellschaft und die Umwelt ausüben. Es geht darum, Menschen, Gemeinschaften und dem Planeten zu helfen, die Vision einer inklusiven, fairen und regenerativen Wirtschaft zu verwirklichen, die für alle funktioniert. Weil wir das für wichtig halten, wollen wir langfristig dabei bleiben – auch wenn sich der Wind gerade kurzfristig gedreht hat.
Sinnstiftende Bewegung
Warum haben wir B Corp und nicht eine andere, „normale“ Zertifizierung gewählt? Als werteorientiertes und familienfreundliches Unternehmen leben wir seit unserer Gründung 2011 eine ausgleichende und wertschätzende Kultur. Wir haben Adel & Link damals auch mit dem Ziel gegründet, unseren selbstbestimmten kleinen und gesunden Beitrag zu leisten, damit People, Planet, Purpose und Profit in Einklang stehen. Uns war von Anfang an wichtig: Wir arbeiten transparent und dialogorientiert mit allen Menschen und Unternehmen zusammen – sei es innerhalb unseres Teams, auf Kundenseite, mit Partnerunternehmen, mit der Presse oder in unserem internationalen Netzwerk.
Unsere Arbeitsweise und Prozesse sind klar geregelt und schriftlich in unserem A&L-Handbuch für alle Mitarbeitenden nachvollziehbar vorgegeben, damit wir effiziente und gute Leistungen für unsere Kunden erbringen können. Wegen dieser klaren Haltung haben wir uns – statt „nur“ eine Zertifizierung anzustreben – für B Corp entschieden, um einer für uns sinnhaften und sinnstiftenden Bewegung beizutreten. Hier geht es zu unserem öffentlichen B Corp-Profil und Rating (85,7). Das ist inzwischen ein wichtiger Bestandteil unserer Positionierung und unseres Kompasses bei Adel & Link.
180 Fragen entlang der gesamten Wertschöpfungskette
Der Zertifizierungsprozess ist sehr umfangreich und anspruchsvoll. Die B Corp-Zertifizierung bewertet die soziale und ökologische Leistung eines Unternehmens entlang seiner gesamten Wertschöpfungskette – inklusive Führung, verantwortungsvollem Handeln und hoher Transparenz. Um diesen hohen internationalen Standard an ESG-Kriterien zu erfüllen, mussten wir 180 Fragen aus den Bereichen Mitarbeitende, Kunden, Umwelt, Gemeinschaft und Unternehmensführung beantworten. Das ist ein Prozess, der mit der Dokumentation, dem Nacharbeiten, dem Festlegen von neuen Zielen und einzuleitenden Veränderungen im Unternehmen ein Jahr oder länger dauern kann.
Damit Agenturen das B Impact Assessment (BIA) gut gestalten können, hier fünf Tipps:
- Die eigene Arbeit von Anfang an umfangreich schriftlich fixieren – das ist grundsätzlich wirklich wichtig. Dies gibt nicht nur Orientierung für die Kolleginnen und Kollegen und hilft, das eigene Unternehmen auch bis in die Tiefen zu kennen. Agenturen, die ihre Arbeit in ihrer Positionierung, Werten, Code of Conduct, Standards und internen Richtlinien gut dokumentiert haben, sind im Zertifizierungsprozess klar im Vorteil.
- Die Geschäftsführung muss die Bewegung bzw. die Zertifizierung langfristig wollen und auch leben. Die Stakeholder-Orientierung im Gesellschaftsvertrag – in unserem Fall in der GmbH & Co. KG und der Verwaltungs GmbH – neu aufzunehmen und festzuschreiben, ist nicht nur hilfreich für die Zertifizierung, sondern auch ein wichtiges Statement für unser Team. Klar ist aber auch, dass eine B Corp- Zertifizierung ein kontinuierlicher Prozess der Verbesserung ist – unser nächstes Assessment steht spätestens im Frühjahr 2027 an.
- Offen bleiben für Verbesserungen: Unternehmen müssen bereit sein, sich selbst und die eigenen Prozesse und Arbeitsweisen kontinuierlich zu challengen und zu verändern. Durch das Bearbeiten der Fragen werden wir als Unternehmen besser, da wir an Themen erinnert werden, die wir nicht so auf dem Radar hatten bzw. noch nicht so gut umgesetzt hatten. Das kann viele Bereiche betreffen – den Einkauf bei überwiegend lokalen Unternehmen abzuwickeln, den Conduct of Conduct zu erweitern, neue ESG-Initiativen anzustoßen oder bessere Finanztools einzuführen. Und da B Corp die geforderten Standards gerade noch mal erweitert hat, muss man ohnehin dranbleiben.
- Ausreichend Zeit einplanen, Verantwortlichkeiten festlegen und Aufgaben priorisieren. Eine Zertifizierung ist in der geforderten Tiefe auch mühselige Arbeit, die nicht immer Spaß macht. Belege und Beweise für die gemachten Angaben müssen zusammengetragen werden. Es braucht ein gutes kleines Team, das diese Arbeit neben dem eigentlichen Tagesgeschäft vorantreibt.
- Prioritäten setzen und langfristig denken. Teilweise mussten wir uns ehrlich eingestehen, dass wir bei der Vielzahl an Anforderungen nicht überall sehr gut sein können. Es ist wichtig, sich nicht im Klein-Klein zu verzetteln und sich auf die Bereiche zu konzentrieren, die ein Unternehmen über einen längeren Zeitraum hinweg am besten voranbringen kann. Die erste Zertifizierung ist also nur der Anfang des Weges – und zwar ein durchaus lohnenswerter.
Über den Autor: Matthias Adel ist Geschäftsführer der Frankfurter PR-Agentur Adel & Link, die er 2011 gemeinsam mit Natalie Link gründete. Heute ist das Team mit rund 25 Mitarbeitenden auf kreatives Storytelling, Thought-Leadership-Kampagnen und Content-Entwicklung spezialisiert. Seit Herbst 2024 ist Adel & Link eine zertifizierte B Corp.
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