Autoren-Beiträge Tech-PR international: Andere Länder, andere Stories

Wenn man die aktuellen Nachrichten aus den USA hierzulande mitverfolgt, wundert man sich schon, wie groß die kulturellen Unterschiede trotz der jahrzehntelangen transatlantischen Partnerschaft so sein können. Oder man fragt sich gerade deshalb, ob nicht auch bei uns der Populismus ähnlich heftig einschlagen könnte. Aus Vertrautheit entsteht plötzlich ein Gefühl von Fremdheit und Zweifel.

Tilo Timmermann (© TDUB) darüber, was PR-Arbeit bei Technologie-PR-Agenturen in sechs Ländern unterscheidet und eint.

Im internationalen PR-Business läuft es mitunter ähnlich:
Länderübergreifende PR-Aktivitäten von Technologie-Unternehmen und ihren Agenturen können nur dann erfolgreich sein, wenn sie kulturelle und wirtschaftliche Unterschiede verstehen und akzeptieren. Wer keine Erfahrung mit der Medienarbeit im Zielland hat, der kann schnell daran verzweifeln, dass das Angebot des Unternehmens zuhause auf allen Titelseiten steht, im Ausland aber nicht ein echtes Clipping zustande kommt.

Technologie-PR-Agenturen geben internationalen PR-Einblick

Die Agenturchefs der „Tech-Sector-Group“ im internationalen Agenturnetzwerk IPRN, einem Verbund von rund 15 inhabergeführten PR- Agenturen mit Technologie-Schwerpunkt, haben über dieses Thema diskutiert und anschließend in einer Art Blogparade berichtet, was die Tech-PR jeweils in ihren Ländern kennzeichnet. Worauf legen Journalist:innen im Land Wert und welche Rolle spielen Technologie, persönliche Beziehungen und kulturelle Nuancen im täglichen Business vor Ort? Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der PR-Kultur in Deutschland, den USA, Frankreich, Griechenland, Polen und dem Vereinigten Königreich.

In Deutschland zählen Beziehungen

Als Chairmen der IPRN Tech Group haben mein Kollege Karsten Hoppe und ich, Gründer und Geschäftsführer der TDUB Kommunikationsberatung in Hamburg, den ersten Schritt getan und die Situation in Deutschland analysiert. Tech-Unternehmen aus dem Ausland stoßen hier auf hohe Professionalität und klare Strukturen – der Wettbewerb ist allgemein groß. Fachmedien spielen trotz fortschreitender Digitalisierung weiterhin eine bedeutende Rolle, sogar in gedruckter Form – ebenso wie persönliche Kontakte zu Journalist:innen. Erfolgreiche Medienarbeit basiert auf Vertrauen und einem partnerschaftlichen Dialog. Die Corona-Pandemie hat die Arbeitsweise der PR nachhaltig verändert und der direkte Zugang über persönliche Mobilnummern oder anderweitig gezielte Ansprache, oft auch mit exklusiven Angeboten, ist heute wichtiger denn je. Entscheidend ist, komplexe Technologien verständlich und relevant aufzubereiten – etwa durch Storytelling und die emotionale Vermittlung von Botschaften.

Zugleich sehen wir einen klaren Trend weg vom übertriebenen Performance-Marketing zurück zur Markenkommunikation. Unternehmen setzen zunehmend auf strategische PR, um Sichtbarkeit und Vertrauen langfristig zu stärken. Trotz aller digitalen Werkzeuge bleibt die persönliche Komponente ein zentrales Erfolgskriterium. Gute PR in Deutschland ist und bleibt Beziehungsarbeit.

KI-Unterstützung nimmt zu

In den USA ist die PR-Landschaft stark von der Technologiebranche geprägt – insbesondere durch die „Magnificent Seven“: Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon, Nvidia, Meta und Tesla. Das betont Julie Wright von (W)right On Communications aus San Diego, USA, in ihrem Beitrag. Redaktionen schrumpfen, das Tempo steigt, und „Pay-to-Play“-Modelle gewinnen an Bedeutung. Erfolgreiche B2B-Tech-PR setzt hier auf faktenbasierte Inhalte, visuelle Assets und strategische Kommunikation. Die Kombination aus Fachmedien, Blogs, Influencer-Kooperationen und Thought Leadership habe sich dabei als besonders wirksam erwiesen, so Wright. Künstliche Intelligenz unterstützt zunehmend Prozesse, ersetzt jedoch weder kreatives Storytelling noch strategisches Beziehungsmanagement. Technologieunternehmen müssen sich in den USA in einem zunehmend komplexen und unsicheren Umfeld behaupten.

Auch in Frankreich setzt erfolgreiche Tech-PR auf maßgeschneiderte Ansätze und enge Medienbeziehungen, sagt Estelle Monraisse von Mascaret Partners in Paris. Themen wie KI, Cybersicherheit und DeepTech stehen im Fokus des medialen Interesses, während klassische Themen wie GreenTech nur dann Resonanz finden, wenn sie mit konkreten Anwendungen verbunden sind. Trotz der Digitalisierung bleiben auch hier persönliche Kontakte entscheidend. Die Beziehung zwischen PR-Agenturen und Journalist:innen hat sich nach COVID erheblich verändert, und es ist noch wichtiger geworden, effizient zu arbeiten und die Engpässe der Journalist:innen zu verstehen. Künstliche Intelligenz dient in Frankreich zunehmend als unterstützendes Tool – etwa zur Informationsaufbereitung, zur Strukturierung von Pressematerialien oder zur Vorbereitung von Interviews. Doch auch hier gilt: Die strategische Relevanz und kreative Umsetzung bleiben menschliche Kernaufgaben.

Qualität und Transparenz bleiben wichtig

Aus Griechenland berichtet Aimilia Mamopoulou von extrovert, dass die Medienlandschaft zunehmend digitaler und auch die Tech-Landschaft immer komplexer werde. Der Fokus liegt hier auf der Erstellung von ansprechenden Inhalten für Online-Plattformen und soziale Medien, dem Einsatz von Influencer-Marketing und dem Storytelling. PR-Agenturen spezialisieren sich zunehmend auf Nischenbereiche wie KI, Cybersicherheit und Fintech. Der PR-Ansatz setzt auf qualitativ hochwertige Inhalte, maßgeschneiderte Interviews und exklusive Einblicke. Trotz der Vorteile, die KI mit sich bringt, bleiben die Public Relations auch in Griechenland eine Branche, die menschliche Beziehungen braucht und auf ihnen aufbaut.

Der polnische Technologiemarkt wächst schnell, insbesondere in den Bereichen Fintech, Gaming und KI – das weiß Bartosz Cholawo von Public Dialog in Warschau. Die digitale Transformation wurde in Polen durch die Pandemie beschleunigt, Herausforderungen wie Fachkräftemangel und politische Unsicherheiten bestehen jedoch nach wie vor. Die Medienlandschaft hat sich durch Nischenplattformen und zunehmendem Einfluss von Influencern ebenfalls verändert, während polnische Medien mit der Dominanz globaler Plattformen kämpfen. In der PR hat sich nach Einschätzung von Cholawo die anfängliche Begeisterung für Technologiegiganten wie Google in Skepsis gewandelt, bedingt durch Datenschutzverletzungen und monopolistische Praktiken. Der PR-Ansatz setzt nun auf Transparenz, ethische Ansätze und lokale Partnerschaften, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zurückzugewinnen. KI-Tools sind dabei ein wichtiges Werkzeug.

Mensch bleibt in PR unverzichtbar

Im Vereinigten Königreich schließlich steht die Tech-PR vor neuen Herausforderungen. Greg Halse von Ambitious PR in Bristol berichtet, dass die erzielbare Medienpräsenz abgenommen habe und die Arbeitsbelastung von Journalist:innen steigt. Kreative Pitches und exklusive Inhalte sind entscheidend, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Bei aller Digitalisierung gibt es noch Herausforderungen, wie die verzögerte Abschaltung des öffentlichen Telefonnetzes und Bedenken in der Gesundheitstechnologie. Die Pandemie hat die Arbeitsweise der PR im Vereinigten Königreich grundlegend verändert, und es ist entscheidend, bestehende Beziehungen zu nutzen und neue aufzubauen, da persönliche Treffen schwieriger geworden sind. KI vereinfacht Prozesse, ersetzt jedoch nicht die Expertise und Erfahrung der PR-Profis.

Am Ende steht die Erkenntnis, dass Diversität und kulturelle Vielfalt auch in der internationalen PR ein wichtiges Asset sind. Man sollte weder alle Länder über einen Kamm scheren noch blind auf seine Vorurteile vertrauen. Wer erfolgreich Medienarbeit in einem anderen Land betreiben möchte, der sollte sich auf Menschen verlassen, die sich dort auskennen. Und vielleicht auch ganz anders ticken.

Über den Autor: Tilo Timmermann ist Mitgründer und Geschäftsführer der Technik-PR-Agentur TDUB Kommunikationsberatung in Hamburg und Mitglied des Executive Councils des internationalen Agenturnetzwerks IPRN. Als Spezialist für PR-Konzeption und Text beschäftigt er sich aus eigenem Antrieb und im Auftrag seiner Kunden mit neuen Technologien und bewertet regelmäßig deren Nützlichkeit für den Einsatz in der Kommunikation. 

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