Autoren-Beiträge Impuls: Schreiben tut gut – ja, aber warum eigentlich?

Schreiben, das lieben wir. Das bestimmt häufig unseren Alltag als Kommunikationsprofis. Und ja, oft denken wir: „Der Text ist nicht rund. Da geht noch was.“ Wir hauen also weiter in die Tasten. Völlig verständlich. In unserem Job braucht es häufig genau das. Aber schon mal darüber nachgedacht, dass das Schreiben noch mehr für uns sein kann? Dass es auch ein wert- und kraftvolles Instrument ist, um uns selbst zu erfahren und achtsam im Moment zu sein?

Kathrin Thesing: „Schreiben tut gut.“ (Foto: privat)

Ich finde: Es wird Zeit. Zeit, dass wir uns stärker damit beschäftigen, was Schreiben auch für uns ganz persönlich bewirken kann – und zwar eben dann, wenn es um intuitives, selbstwirksames Schreiben geht. Denn Schreiben, das tut uns gut. So war es zum Beispiel im 20. Jahrhundert der amerikanische Psychologe James W. Pennebaker, Vorreiter des expressiven Schreibens, der in Untersuchungen herausfand: Allein schon 15 Minuten Schreiben am Tag haben einen positiven Effekt auf unser Wohlbefinden. Hier kommen deshalb acht Gründe, warum uns das intuitive Schreiben stärkt und achtsam werden lässt und warum wir unbedingt auch für uns selbst schreiben sollten.

Acht Gründe

  • Beim intuitiven und assoziativen Schreiben gibt es kein Richtig oder Falsch. Alles, was sich den Weg aufs Papier bahnen will, darf auch genau dort hin.
  • Papier fällt keine Urteile, ist geduldig und wir kommen schreibend in einen direkten Dialog mit uns selbst – ohne uns irgendwem erklären zu müssen.
  • Beim Schreiben drücken wir unsere Gedanken und Gefühle aus. Wir können z. B. Glücksmomente festhalten und daraus Kraft ziehen oder in Erinnerungen schwelgen, die Gefühle von Freude, Zufriedenheit oder Geborgenheit auslösen.
  • Es fördert unsere kreative Ader und lässt sich perfekt mit Malen, Musik hören, Lesen oder auch Zeit in der Natur verbinden. Denn das Gute ist: Schreibimpulse warten überall auf uns.
  • Wir können uns das, was uns belastet, „von der Seele schreiben“ und so mit schwierigen Situationen besser umgehen. Konflikte – ob im Berufs- oder im Privatleben – mit denen wir uns konfrontiert sehen, können wir schriftlich für uns „austragen“, indem wir z. B . einen Wechsel der Perspektive vornehmen.
  • Das intuitive Schreiben sorgt für Entschleunigung und bringt uns in Balance. Wenn wir schreiben, vergessen wir oft nicht nur alles um uns herum. Wir können auch für uns besondere Situationen, die in Wirklichkeit nur kurz waren, schreibend verlängern - indem wir sie z. B. schriftlich ausschmücken und bis ins kleinste Detail erzählen.
  • Das Geschriebene bleibt. Wir können es immer wieder nachlesen und so mitverfolgen, wie wir uns über die Zeit weiterentwickeln und verändern. Es stärkt uns, unser Leben selbst zu gestalten und den Blick auf das zu richten, was wir alles schon erreicht haben – und noch erreichen wollen.
  • Schreiben ist ein Werkzeug, das wir alle besitzen. Um uns schreibend selbst zu erfahren, gibt es zahlreiche verschiedene Schreibmethoden und -techniken – von automatischem Schreiben oder Freewriting über Perspektivwechsel, Kombinieren von Farben und Schreiben, Erstellung von Mind-Maps bis hin zur Arbeit mit lyrischen Kleinformen. Da ist für jede und jeden was dabei.

Jetzt wissen wir schon etwas mehr darüber, warum das Schreiben uns so gut tut. Und damit ihr direkt loslegen könnt, kommt hier auch ein kleiner Schreibimpuls für euch.

In den Schreib-Flow kommen – mit automatischem Schreiben

Anfang der 1920er Jahre entwickelte der Surrealist André Breton das automatische Schreiben, das er auch in „Die Manifeste des Surrealismus“ beschrieben hat. So funktioniert es:

  • Nehmt euch ein Notizbuch und einen Stift. Stellt einen Timer auf 15 Minuten. Lasst nun alles, was euch gerade durch den Kopf geht, auf das Papier fließen. Ihr denkt bewusst nicht darüber nach und schreibt so schnell es geht. Ihr setzt euren Stift nicht ab. Wenn euch nichts einfällt, schreibt zum Beispiel einfach „Mein Kopf ist leer“ und wiederholt es so lange, bis euch ein neuer Gedanke kommt. Schreibt so lange, wie ihr Lust habt und wie die Gedanken aus euch herausströmen.

Lest euch danach das Geschriebene durch und sucht ein Wort heraus, das euch spontan besonders positiv anspricht. Schreibt nun einen kurzen Fließtext, ein Gedicht (z. B. einen Vierzeiler) oder einfach nur einen Satz dazu, was ihr mit diesem Wort assoziiert und was es für euch bedeutet. Die Textform wählt ihr.

Beantwortet zum Schluss folgende Fragen und haltet die Antworten gern für euch fest:

  • Wie habt ihr euch beim Schreiben gefühlt?
  • Welches Wort ist euch direkt ins Auge gefallen – und wisst ihr warum?
  • Was habt ihr für euch erkannt?
  • Ist es etwas, mit dem ihr euch noch mal näher beschäftigen wollt?

Ich wünsche euch viel Spaß mit diesem Schreibimpuls, der uns „erlaubt“ uns ganz bewusst von jeglichen Ansprüchen an uns selbst und von (Schreib-)Konventionen loszusagen. Also lasst euch von eurem Geschriebenen überraschen. Denn was es auf jeden Fall immer tut: Es erzählt uns etwas darüber, was uns jetzt, in diesem Moment, wirklich bewegt.

Über die Autorin: Kathrin Thesing leitet in ihrem Hauptjob die Unternehmenskommunikation der Digitalagentur und Hybrid-Work-Partnerin HIRSCHTEC. Nebenberuflich arbeitet die 39-Jährige als Coachin für selbstwirksames Schreiben. Ihre Mission: Andere dabei zu unterstützen, auf spielerische Art und Weise die Kraft des Schreibens für sich zu entdecken - und so gestärkter durch ihr Leben zu gehen. Zu erreichen ist Kathrin Thesing via E-Mail, LinkedIn oder Instagram.

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