Autoren-Beiträge Fünf Kernaussagen Was bedeutet ein Ende von Social Media?

Mitte Mai erschien das neue Buch „Das Ende von Social Media“ von Fachautor Dominik Ruisinger. Auch wenn der Titel es vermuten lässt, es handelt sich nicht um eine Abrechnung mit den sozialen Medien. Vielmehr ist es ein Aufruf für ein neues, stärker integriertes Denken und insbesondere Handeln. Jetzt konnten wir Ruisinger für einen Autorenbeitrag gewinnen, in dem er den PR-JOURNAL-Leserinnen und Lesern die fünf Kernaussagen seines Buches vorstellt.

Dominik Ruisinger erklärt, warum wir digitale Netzwerke neue denken müssen. (Foto: privat)

Von Dominik Ruisinger, Berlin

Die sozialen Medien haben sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Kaum etwas ist vom ursprünglichen Gedanken übriggeblieben. Einfach gesagt ist es ein Ende von Social Media – zumindest so, wie wir sie bisher kannten. Diese Entwicklung beschreibt mein neues Buch „Das Ende von Socia Media“. Dazu ist es keine Abrechnung, sondern ein Blick auf eine sich verändernde Branche und ein Aufruf zu einem integrierten Handeln. Darum auch der Untertitel: »Warum wir die digitalen Netzwerke neu denken müssen«.

Die Art und Weise, was soziale Medien ausmachen und wie wir soziale Medien nutzen, befindet sich im kräftigen Wandel. Während wir früher persönliche Anliegen austauschten, konsumieren wir heute kuratierten Content. Statt fachliche Einschätzungen finden wir teils per KI erstellte Antworten. Friends Graph, Follower-Community, People-Networking: Die soziale Komponente hat ihre Relevanz eingebüßt. Dieser wirkliche Change lässt sich in fünf Kernaussagen bündeln:

  • Der Social Faktor ist zu Ende.
    „Giving people the power to build community and bring the world closer together.“ Die Mission von Meta macht bis heute deutlich: Der Grundgedanke von Social Media ist schön: Menschen weltweit miteinander zu vernetzen und einander näherzubringen, damit sie sich unabhängig von Zeit und Raum austauschen. Dieser Austausch ging einher mit Werten wie Authentizität, Transparenz, Individualität, Persönlichkeit, die die Inhalte der Kommunikation prägten. Doch heute steht der Mensch immer weniger im Mittelpunkt, der Faktor „social“ ist nicht mehr wahrnehmbar. Schritt für Schritt wurde der persönliche Austausch mit Friends, Fans & Family getilgt. Dies stellt den Begriff „Social“ innerhalb der Paarung „Social Media“ immer stärker in Frage.
  • Die Algorithmen und KI bestimmen.
    Die finanziellen Interessen der Plattformen haben die Macht über die Feeds übernommen. Meta & Co. bestimmen heute selbst, was die Menschen zu sehen, zu lesen, zu hören bekommen. Sie haben sich immer stärker zu den wahren Gatekeepern der Inhalte entwickelt. Einfach gesagt: Feeds bestehen nicht mehr aus den Beiträgen des eigenen Netzwerkes; die Idee des aktiven Austausches ist durch algorithmische Filter, durch Empfehlungen, durch KI-Content, durch passives Entertainment, durch vielfältige Werbung, durch polarisierende Inhalte und Filterblasen erodiert.
  • Es geht um Verweildauer. Punkt.
    Verweildauer ist aus Sicht der Plattformen der Schlüssel zum Erfolg. Denn je länger die Menschen auf den Plattformen sind, desto mehr Werbung lässt sich einblenden. Kein Wunder, dass sich (fast) alle Kanäle nach dem Vorbild von TikTok zu Media- und Entertainment-Plattformen gewandelt haben. Schließlich beschäftigen wir uns viel länger mit den unterhaltsamen Videoinhalten fremder Creator als mit den persönlichen Beiträgen unserer Freunde. „Social Media ist tot. Entertainment ist das Thema der Stunde“, schrieb OMR-Chef Philipp Westermeyer. Und er hat recht. Daran tragen wir eine Mitschuld.
  • Social Media findet nur noch im Privaten statt.
    Die Menschen ziehen sich immer stärker in private Räume zurück; oder sie begeben sich auf die Suche nach Alternativen im „Fediverse“, auch wenn sie sich dort oft recht alleine fühlen. (Fediverse, zusammengesetzt aus Federation und Universe, bezeichnet ein Netzwerk föderierter, voneinander unabhängiger sozialer Netzwerke, Mikroblogging-Dienste und Webseiten für Online-Publikation oder Daten-Hosting.) Ihre Inhalte teilen sie via WhatsApp, ihre Lieblingstools heißen Direktnachrichten, geschlossene Gruppen oder thematische Communitys. Schließlich bieten diese einen sicheren Ort, um sich in engen Kreisen auszutauschen und das ursprüngliche Versprechen der sozialen Medien zu erleben: frei, unbeobachtet und ohne äußere Einflüsse zu kommunizieren. Kein Wunder, dass heute Meta & Co. mit Channels in die privaten Räume vordringen wollen. All dies läutet eine Zeit ein, die weniger an Social Media denn an die Zeiten von Push-Medien wie E-Mail und E-Mail-Newsletter erinnert.
  • Unternehmen müssen neu denken.
    Die Veränderungen in den sozialen Medien haben Unternehmen und Institutionen in den letzten Jahren intensiv zu spüren bekommen. Ihnen fiel auf, dass ihre Inhalte immer weniger Sichtbarkeit erhielten und ihre Community immer mühsamer zu erreichen war. Viele Organisationen reagieren darauf mit noch mehr Content über noch mehr Kanäle. Doch damit werden sie künftig kaum ihre Zielgruppen erreichen. Vielmehr müssen sie radikal umdenken und ihre bisherige Strategie neu ausrichten. Und dies heißt künftig:
  • Kanäle noch klarer auf Zielgruppen und Ziele ausrichten;
  • Sich von teils lieb gewonnenen Plattformen auch verabschieden;
  • Social Media verstärkt als Paid Media begreifen und ausbauen;
  • Die eigenen Kanäle und Plattformen deutlich stärken;
  • Eigene Communitys aufbauen und pflegen – B2B wie B2C;
  • Den Content verstärkt auf einzelne Zielgruppen zuschneiden;
  • Mitarbeitende als vertrauensvolle Multiplier sprechen lassen.

Fazit
Diese fünf Hinweise verdeutlichen, dass es nicht darum geht, Social Media zu verdammen. Vielmehr müssen die bisherigen Kanäle neu ausgerichtet und strategisch neu gedacht werden, damit sie einen kommunikativen Mehrwert für Organisationen bieten können. Genau dabei soll mein Buch helfen.
Das Buch wurde Mitte Mai „Das Ende von Social Media“ publiziert. Der Autor Dominik Ruisinger ist Berater für digitale und strategische Kommunikation. Er lebt in Stuttgart und Berlin.

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