Autoren-Beiträge Green Claims Directive und CSRD Grüne Kommunikation auf dem Prüfstand
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- von Simon Aschermann, Köln
Die Zeiten von Greenwashing und unbewiesenen Werbeaussagen mit Umweltbezug sind bald endgültig vorbei. Die EU zieht die Daumenschrauben mit der Green Claims Directive (GCD) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) deutlich an. Marketing und Kommunikation müssen sich auf strengere Regeln bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsaussagen einstellen.
Geht es nach den Plänen der EU, dürfte die Green Claims Directive (GCD) schon bald das bereits verabschiedete Greenwashing-Verbot der EU ergänzen. Sie soll festlegen, welche Art von Informationen Unternehmen demnächst bereitstellen müssen, um ihre umweltbezogenen Marketingaussagen zu untermauern. Werbeaussagen wie „klimafreundlich produziert“, „umweltfreundlich“, „wassersparend“ oder „biobasiert“ wären demnach nur noch zulässig, wenn sie einer vorherigen Überprüfung durch Gutachter standhalten und das werbende Unternehmen – so ist es laut Richtlinienvorschlag geplant – eine sogenannte Konformitätsbescheinigung erhält.
Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wiederum beginnt eine neue „Ära“ der Berichterstattung über Nachhaltigkeitsthemen. Einige berichtspflichtige Konzerne müssen bereits ab dem Geschäftsjahr 2024, die meisten Unternehmen ab 2025 ausführlich im testierten Geschäftsbericht ihre Nachhaltigkeitsleistungen in insgesamt zwölf European Sustainability Reporting Standards (ESRS) darlegen. Dabei sind mehr als 80 Themen und fast 1.200 Datenpunkte zu berücksichtigen. Ziel der EU ist es, mit dem neuen CSRD-Standard die Transparenz und Vergleichbarkeit der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erhöhen.
Chancen für die Nachhaltigkeitskommunikation
Die strengeren Anforderungen an die Nachhaltigkeitskommunikation vom Werbeslogan bis zum Geschäftsbericht stellen viele Unternehmen vor große Herausforderungen. Die neuen Regeln eröffnen ihnen aber auch die Chance, noch glaubwürdiger ihre tatsächlichen Nachhaltigkeitsleistungen zu kommunizieren. Wer überprüfbar nachhaltig wirtschaftet, kann sich künftig besser als Vorreiter bei einzelnen ESG-Themen positionieren. Können scheinheilige „Greenwasher“ ihre vollmundigen Versprechen nicht mehr ungestraft verbreiten, wächst das Vertrauen in die Integrität umweltfreundlicher Marken.
Unternehmen, die ihre Nachhaltigkeitsbemühungen ernsthaft und konsequent umsetzen, können von einem gestärkten Vertrauensverhältnis zu den Konsumenten und einer Verbesserung ihres Markenimages profitieren. In einem solchen Umfeld können nachprüfbar nachhaltige Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil erzielen, da Konsumenten und Arbeitnehmer nachweislich zunehmend Wert auf echte Nachhaltigkeit legen.
Kommunikation an die strengeren Anforderungen anpassen
Für Kommunikatoren und Marketing-Verantwortliche ist jetzt die Zeit, die gesamte bisherige Kommunikation zu Nachhaltigkeitsthemen und alle verwendeten „Green Claims“ zu überprüfen: Was lässt sich auch unter den strengeren Regeln möglicherweise noch so sagen, welche Botschaften und umweltbezogenen Aussagen sind dringend anzupassen? Ein umfangreiches Audit der gesamten bisherigen Nachhaltigkeitspositionierung ist der erste wichtige Schritt als Reaktion auf die verschärften Regeln.
Um auf der sicheren Seite zu sein, sind allgemeine, aber dennoch GCD-sensitive Begriffe wie „grün“ oder „umweltfreundlich“ möglichst zu vermeiden. Empfehlenswert sind dagegen wiederum nachprüfbare Aussagen wie Angaben zum Stand der Technik oder insbesondere zu erfüllten Normen. Produkte, Dienstleistungen oder Systeme gelten entsprechend spezifischer ISO-Standards als sicher, zuverlässig und qualitativ hochwertig. Warum erreichte Standards also nicht auch explizit kommunikativ nutzen, wenn dies nicht bereits geschieht? Fest steht: Aussagen, die auf erfüllten internationalen Normen fußen, sind im Zweifel überprüfbar, ohne dass dafür vertrauliche oder geschützte Informationen freizugeben sind.
Indem sie sich auf konkrete und nachweisbare Standards berufen, können Kommunikation und Marketing in allen verbalen Darstellungen und Aussagen frei von vagen oder irreführenden Behauptungen bleiben. Dennoch gilt: Sollte sich ein Produkt oder eine Dienstleistung auch nur geringfügig gegenüber einer zuvor kommunizierten Darstellung verändern, ist die Kommunikation dazu in jedem Fall zu überprüfen und im Zweifel anzupassen. Umweltbezogene Angaben sind möglicherweise auch bei technologischen Änderungen und neuen Konkurrenzprodukten auf dem Markt zu aktualisieren, um die Richtigkeit zu wahren.
Konformitätsbescheinigungen bestätigen zwar, dass den umweltbezogenen Angaben oder Umweltkennzeichnungssystem ein Nachweis zugrunde liegt. Sie befreien aber nicht von der Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung und Anpassung dieser Angaben. Versäumte Anpassungen umweltbezogener Angaben können für betroffene Unternehmen erhebliche finanzielle Konsequenzen haben und sind daher unbedingt zu vermeiden.
Gleichzeitig sollten Unternehmen die Chance nutzen und ihre nachweislich nachhaltigen Produkte deutlich sichtbar machen. Hierzu braucht es eine Kommunikationsstrategie für die Zukunft. Bei Konzernen mit mehreren, möglicherweise auch weniger nachhaltigen Produkten oder Dienstleistungen, sollte sich der nachhaltige Teil des Portfolios klar erkennbar abheben vom Rest des Angebots – Marketing und Kommunikation sind hier besonders gefragt, eine exponierte Positionierung zu erreichen.
CSRD-Reporting für die Positionierung nutzen
Nicht nur voreilig kommunizierte Umweltaussagen, auch die Nichteinhaltung der künftig geltenden CSRD-Vorschriften kann rechtliche und finanzielle Risiken nach sich ziehen. Unternehmen müssen deshalb sicherstellen, dass ihre Berichte alle erforderlichen Informationen enthalten und den CSRD-Anforderungen entsprechen. Dies kann insbesondere in der Anfangsphase der Implementierung und erstmaligen umfassenden Datenerhebung erhebliche Kosten und einen erhöhten Ressourcenaufwand verursachen.
Doch der Kraftakt der Integration des CSRD-Reportings als Pflichtteil im Geschäftsbericht lohnt sich. Durch die Erarbeitung umfassender Nachhaltigkeitsthemen kann sich Nachhaltigkeit insbesondere für Unternehmen, die bislang noch keine klare Nachhaltigkeitspositionierung entwickelt hatten, im besten Fall zu einem Differenzierungsmerkmal in der Unternehmenspositionierung entwickeln. Zumindest die sich daraus ergebenden Kommunikationschancen sollten berichtspflichtige Unternehmen ergreifen: So sehen Umfragen zufolge mehr als 80 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Nachhaltigkeit mittlerweile als wichtiges Kriterium bei der Jobsuche an. Und beim Konsum legt jeder zweite Verbraucher Wert auf Nachhaltigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Zielgruppen durch „Greenwashing“ bei Nachhaltigkeitsthemen getäuscht werden, sinkt durch die strengeren Regeln mit GCD und CSRD.
Über den Autor: Simon Aschermann ist Managing Partner der Managementberatung Globeone. Aschermann hat sich auf die Positionierung von Unternehmen insbesondere in Transformationssituationen spezialisiert und bereits zahlreiche Mandate bei ihrer Repositionierung für nachhaltigeres Wachstum erfolgreich begleitet.
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