Alexandra Groß und Ansgar Zerfaß wollen das, was unter Beratungsqualität verstanden wird, genauer definieren.

Qualität in der Beratung – durchaus immer wieder ein Thema im Markt, zwischen Kommunikationsagenturen und Kunden, im Selbstverständnis, in der Bewertung von anderen. Für einen so zentralen Begriff ist jedoch bemerkenswert ungeklärt, wie wir ihn definieren. GPRA-Präsidentin Alexandra Groß und Professor Dr. Ansgar Zerfaß von der Universität Leipzig erläutern, was die Forschung zeigt – und was der Markt an Aufgaben hat. Zuletzt hatte Groß nach ihrer Wiederwahl als GPRA-Präsidentin in einem Interview mit dem „PR-Journal“ angekündigt, sich in ihrer zweiten Amtszeit dafür einzusetzen, Qualität in der Beratung sichtbarer machen zu wollen.

Gerade in einem dynamischen Markt und ungeregeltem Berufsfeld, in dem sich zahlreiche Disziplinen vereinen, ist es wichtig, Standards zu definieren, die allen im Markt Orientierung geben. Sie geben dem Markt Transparenz, damit Unternehmen Leitplanken für die Auswahl des richtigen Partners zur Verfügung stehen und damit Auftraggeber und Auftragnehmer auf einer gemeinsamen Basis aufsetzen. Der Aufgabe, diese Standards zu setzen, widmet sich die GPRA und kooperiert hierbei mit der Universität Leipzig, um die Qualität von Kommunikationsberatung auch grundlegend untersuchen zu lassen.

Ein Studienprojekt dazu ist bereits abgeschlossen. Es diente dazu, zu untersuchen, wie Auftragnehmer und Auftraggeber Qualität verstehen, an welchen Kriterien sie sie festmachen und wie sie Qualität messen. Dafür befragte ein engagiertes Studierendenteam 60 Führungskräfte, die in Kommunikationsabteilungen in Unternehmen, in der Geschäftsführung von Agenturen und in der Führungsriege von Unternehmensberatungen tätig sind.

Die Studie zeigt deutlich, dass es kein einheitliches Bild davon gibt, was Qualität kennzeichnet und wie sich Abstufungen definieren. Sie zeigt zudem: Es gibt im Markt auch kein einheitliches Verständnis, was eigentlich Beratung ist.
In der Praxis werden Rat und Tat oft als zusammengehörig betrachtet. Weder die Auftraggeber noch die Auftragnehmer trennen dies immer – sondern betrachten Beratung und Umsetzung als Einheit. Auch, wenn der gleiche Partner beide Leistungen erbringt, sollte man sie aber gedanklich trennen. Denn die erforderlichen Kompetenzen und Profile unterscheiden sich, auch die Aufwände sind anders.

Die Qualität der Beratung wie der Umsetzung sind separat zu betrachten – eine qualitativ schlechte Umsetzung bedeutet nicht, dass die Beratung schlecht war. Eine qualitativ hervorragende Umsetzung kann strategisch falsche Weichenstellungen nicht ungeschehen machen. Ob eine Beratungsleistung qualitativ gut war, lässt sich also nicht einfach am Endergebnis ablesen – und kann auch nicht an den für Kommunikationsmaßnahmen üblichen KPIs festgemacht werden.

Kriterien für Beratungsqualität

Die Forschung definiert Beratungsqualität als ein mehrdimensionales Konstrukt, das aufgrund der Anforderungen an und von Berater- und Klientenorganisationen sowie der Interaktion zwischen den beteiligten Menschen im Verlauf des Beratungsprozesses auf sachlicher und zwischenmenschlicher Ebene hergestellt wird.

Das heißt: Beratung folgt in der Regel einem klar definierten Prozess, der von Anbieter zu Anbieter etwas anders aussehen kann. Um Beratung und Beratungsqualität definieren zu können, gilt es, die unterschiedlichen Phasen dieses Prozesses zu betrachten und gemeinsame Meilensteine zu definieren.

Welche Voraussetzungen notwendig sind

Worin sich Auftraggeber und Auftragnehmer einig sind: Beratung führt nur zum Ziel, wenn sich beide Seiten kompetent einbringen. Die Anforderungen an das Arbeiten seitens der Beratung, aber auch der Klientenseite, lassen sich festhalten und sollten zu Beginn einer Zusammenarbeit fixiert werden. Dazu gehört etwa: Welche Seite bringt welche Ressourcen ein, wie klar kann der Auftrag umrissen werden, welche Meilensteine werden gesetzt, welche Einblicke in die Klientenorganisation sind notwendig, an welchen Stellen ist von Klientenseite welche Art der aktiven Mitarbeit erforderlich. Aktive Mitarbeit beginnt dabei, Informationen und Gesprächspartner zur Verfügung zu stellen und führt über Schulterblicke bis hin zu Feedbackschleifen und Endabnahme. All diese Punkte lassen sich für beide Seiten in Service Level Agreements festhalten.

Aufseiten des Dienstleisters lassen sich für konkrete Schritte Prozesse festlegen: Etwa das Monitoring von Trends, Rechercheschritte, Rebriefings und mehr.

Zudem können beratende Unternehmen definieren, welche Art von Expertise und Branchenkenntnis Mitarbeiter für bestimmte Leistungsniveaus besitzen sollten – und dies durch Personalentwicklung steuern.
Neben der sachlichen Ebene spielt die zwischenmenschliche Ebene eine große Rolle. Die Studie zeigt sogar, dass die Beziehungsebene bei der Bewertung von Beratungsleistung entscheidend ist. Zu ihr gehören Aspekte wie Vertrauen, Offenheit, Kritikfähigkeit oder Sympathie.

Dies ist schwerer messbar – lässt sich aber durch offene Einblicke vor einer Zusammenarbeit positiv gestalten. Auftragnehmer können sichtbar machen, welche Unternehmenskultur bei ihnen herrscht, welche Werte ihnen wichtig sind – und wie sie Teams zusammenstellen. Zu Beginn einer potenziellen Zusammenarbeit dienen Chemistry Meetings oder ein Vorabaustausch dazu, festzustellen, ob die Beteiligten so weit zusammenpassen, dass sie erfolgreich wirken können. In einem People Business kann es auch schlicht daran scheitern, dass Menschen oder Vorstellungen überhaupt nicht zusammenpassen. Deshalb ist die richtige Teamzusammenstellung nicht zu unterschätzen.

Qualitätslevel richtig definieren

Daraus lässt sich ableiten, dass Beratungsorganisationen durch klare Prozesse, durch Festlegungen mit dem Kunden und durch eine strategische Personalarbeit, die sich an den Anforderungen des Leistungsportfolios und geplanter Veränderungen orientiert, Qualität in der Beratung greifbarer machen können.

Dazu wird es aber auch gehören, über Qualitätsstufen zu reden. Denn Qualität hat Abstufungen. In anderen Branchenfeldern ist das völlig normal – etwa in der Hotellerie, in der Sterneauszeichnungen dazu dienen, Level klarzumachen und Erwartungen zu kanalisieren. Das gilt für Beratung genauso: Nicht jede Fragestellung hat das gleiche strategische Gewicht, nicht jede Leistung muss oder kann – je nach Budgetsituation – das absolut bestmögliche Level haben. Denn natürlich gibt es hier Abwägungsprozesse.

So, wie gute Beratungsorganisationen mit jedem Klienten festlegen, wie Service Level Agreements aussehen, so braucht es Rahmenbedingungen für den gesamten Markt der Kommunikationsberatung, die als Leitplanken dienen und Transparenz schaffen.

Für die professionelle Kommunikationsarbeit ist es wichtig, sowohl Beratung als auch Qualität definieren und mit Kunden vereinbaren zu können. Das dient der weiteren Professionalisierung des Marktes, die uns allen ein Anliegen ist. Aus diesem Grund sind die nächsten Forschungsprojekte bereits angestoßen.

Über die Autoren: Alexandra Groß ist seit 2019 Vorstandsvorsitzende der Fink & Fuchs AG in Wiesbaden. In ihrer Rolle ist sie verantwortlich für die übergeordnete Gesamtleitung und die strategische Weiterentwicklung der Kommunikationsagentur. Seit Mai 2021 ist sie zudem Präsidentin der GPRA – Gesellschaft der führenden PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland.
Ansgar Zerfaß ist Inhaber des Lehrstuhls für Strategische Kommunikation an der Universität Leipzig, Verfasser mehrerer einschlägiger Lehrbücher und nicht zuletzt als federführender Leiter der seit 2007 jährlichen, in über 80 Ländern durchgeführten Studie „European Communication Monitor“ einer der international bekanntesten, renommiertesten deutschen Sozialwissenschaftler.


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