Autoren-Beiträge Warum die Kommunikation eine Führungsrolle bei Nachhaltigkeits-Themen einnehmen muss
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- von Klaus Treichel, Mannheim
Wer den Wandel liebt, Innovationen sucht und in einem dynamischen Umfeld aufblüht, der oder die kann sich in der Kommunikation in diesen Zeiten voll entfalten. Denn noch nie war der Veränderungsdruck in der Wirtschaft und damit auch in der Kommunikation so groß. Während viele gerade noch damit beschäftigt sind, die Auswirkungen der Digitalisierung zu verstehen und für sich zu nutzen, müssen wir uns gleichzeitig auf einen weiteren Umbruch einstellen: Wir müssen die Nachhaltigkeit als Thema endlich ernst nehmen – und die Führungsrolle der Kommunikation durchsetzen. Dazu stelle ich fünf Thesen auf.
These 1: Nachhaltigkeit liefert die „license to operate“ für Unternehmen und Organisationen
Shareholder Value war gestern. Stakeholder Value ist das Gebot der Stunde. Spätestens, seitdem die einflussreiche Vereinigung „Business Roundtable“ in den USA die CEOs der Welt vor genau zwei Jahren dazu aufrief, nicht nur vorranging dem Kapitalmarkt zu dienen, sondern einen Mehrwert für die gesamte Gesellschaft zu schaffen, avanciert das nachhaltige Wirtschaften gewissermaßen zu einem kategorischen Imperativ für Unternehmen und Organisationen. Es liefert schlicht und einfach ihre Daseinsberechtigung. Parallel dazu sehen sich Firmen dazu gezwungen, sich über ihren „Purpose“ klar zu werden und ihn aktiv zu kommunizieren, nach innen und nach außen. Der massive Bedeutungszuwachs von Purpose und Nachhaltigkeit muss sich in der Positionierung von Unternehmen widerspiegeln und in den Mittelpunkt der Kommunikation rücken.
These 2: Nachhaltiges Wirtschaften beruht auf der „triple bottom line“: Ökonomie, Ökologie und Soziales müssen in eine Balance kommen.
Nachhaltiges Wirtschaften ist etwas für Generalisten, sie müssen das Ganze im Blick behalten. Wer seinen Fokus einseitig auf die wirtschaftliche Leistung und auf Zahlen richtet, fällt bei seinen Zielgruppen durch und wartet vergeblich auf gesellschaftliche Akzeptanz. Aktuell stellt sich aber ein anderes Problem: Im Feld der Nachhaltigkeit dominiert jetzt die Ökologie und der Klimaschutz. Das ist zwar ein Stück weit nachvollziehbar, denn die Flutkatastrophe der jüngsten Zeit hat die Menschen ebenso aufgewühlt und für ökologische Themen sensibilisiert wie Waldbrände in Südeuropa oder der neueste Bericht des Weltklimarats IPCC. Trotzdem müssen Nachhaltigkeits-Strategien mehr Facetten enthalten. Das gilt auch für das Storytelling – nur das komplette Mosaik ergibt ein Bild.
These 3: Der Fokus auf Klimaschutz birgt die Gefahr „Greenwashing“ zu betreiben. Die Authentizität bleibt oft auf der Strecke.
Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Der aktuelle Übereifer bei „grünen Themen“ kann schnell ins Leere laufen oder unglaubwürdig wirken. Die Stakeholder erwarten, dass die Fortschritte beim nachhaltigen Management gemessen und Leistungsindikatoren angewendet werden. Und sie messen nicht nur das Management an den Resultaten. Auch die Kommunikation unterliegt einem Rechtfertigungszwang – die Wirkung der guten Tat muss nachweisbar sein. Ein bloßes „Greenwashing" wird heutzutage schnell entlarvt und erweist sich dann als Reputationsrisiko. Nachhaltigkeit ist ernst gemeint.
These 4: Die Corporate Social Responsibility (CSR) ist die Königsdisziplin in der Nachhaltigkeits-Kommunikation.
Die soziale Verantwortung hat es schwer, als Thema durchzudringen. Zugleich bin ich fest davon überzeugt, dass CSR das größte Potenzial hat, um breite Zielgruppen zu erreichen und Reputation aufzubauen. Denn bei CSR geht es um die unmittelbare Auswirkung des wirtschaftlichen Handelns auf Menschen, egal ob Mitarbeiter, Nachbarn oder die Öffentlichkeit gemeint sind. Nicht ohne Grund kommt kein Purpose-Statement ohne einen People-Bezug aus. Und nicht ohne Grund haben Programme für mehr „Diversity & Inclusion“ derzeit Hochkonjunktur. Mit CSR zeigen Unternehmen ihr soziales und humanes Gesicht – ein zentraler Punkt im Employer Branding, das in Zeiten des Fachkräftemangels relevanter ist denn je. Wichtig: Jede CSR-Strategie muss in der Kommunikation authentisch dargestellt werden. Die Kunst besteht darin, einzigartige Inhalte zu finden – und sie als greifbares Element im Unternehmen zu verankern.
These 5: Nachhaltigkeits-Kommunikation geht nur mit integrierter Kommunikation
Der viel breitere Blick auf die Zielgruppen zwingt zu einer engen Kooperation zwischen Kommunikation, Marketing und HR. Unternehmen müssen ihre Organisationen – und vor allem die Ressourcen – so ausrichten, dass ihre Botschaften aus einem Guss und an alle Zielgruppen gleichermaßen transportiert werden. Während es früher vielleicht ausgereicht hat, Kampagnen absatzorientiert auf die Zielgruppe der Kunden zu bündeln, ist es heute unabdingbar, breitere gesellschaftliche Gruppen abzudecken und nicht nur den Absatz, sondern Akzeptanz anzustreben. Das ist eine Domäne der Unternehmenskommunikation – und deshalb sollte diese Funktion auch die Führungsrolle bei dieser Herausforderung übernehmen.
Über den Autor: Klaus Treichel ist Experte für Integrierte Kommunikation und Nachhaltigkeits-Kommunikation, zuletzt tätig bei der ABB AG als Head of Corporate Communications und Mitglied der Geschäftsleitung. Ihm liegt die integrierte Kommunikation besonders am Herzen. Spezielle Expertise hat er in den Bereichen Change Management, Nachhaltigkeit und digitale Kommunikation.
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