Autoren-Beiträge Autorinnenbeitrag: Warum „Führung“ und „Härte“ für mich nicht zusammenpassen

Ein Satz, den Marla Lüers nicht mehr hören kann: „Als Führungskraft musst du härter werden.“ In ihrer aktuellen Position in einer Agentur bekommt sie immer mehr Verantwortung. Daher setzt sie sich fortlaufend mit den daran geknüpften Erwartungen an zeitgemäße Führung auseinander und fragt sich, welche Rolle „Härte“ in der Führung überhaupt spielt – und wie sich Persönlichkeit und Führung vereinbaren lassen.

Wie lernt man Führung?

Doch fangen wir von vorne an: Es gibt ihn nicht, den einen Führungsstil. Und es gibt auch weder die perfekte Formel noch den idealen 10-Punkte Plan, um eine gute Führungskraft zu werden. Für mich ist „Führung“ ein intuitiver, natürlicher Wachstumsprozess. Führung bedeutet für mich Vertrauen, Authentizität und sicher auch Rückgrat zu haben.

Im Berufsleben und gerade in der Kommunikation trifft man auf viele unterschiedliche Typen von Führungskräften. Man arbeitet mit ihnen zusammen, sammelt Erfahrungen und realisiert, was einem wichtig ist bei einer Führungskraft. Man schaut sich gute Sachen ab und merkt sich Dinge, die einen stören. Gute und schlechte Vorbilder sind für mich Wegweiser, wenn es um das Erlernen und Ausbauen von Führungskompetenzen geht – deswegen schätze ich persönlich beispielsweise meine Mentorin, die ich über das Mentoring Programm der GWPR (Global Women in PR) gefunden habe, sehr. Sie ist verständnisvoll und stellt mir Fragen, die mir sonst keiner stellt und bringt mich so zur Reflektion.

Aber abseits dessen gebe ich zu: Ich lese keine Bücher oder Artikel zum Thema Leadership und ich höre auch keine Podcasts. Dazu habe ich weder die Motivation, noch glaube ich, dass es mir persönlich weiterhilft. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass ich Führungskompetenz habe, die sich über die Jahre entwickelt hat – ganz automatisch mit den neuen Aufgaben und Herausforderungen, die sich mir gestellt haben, und die ich gesucht und gemeistert habe. Gleichzeitig merke ich aber auch, dass, der Druck steigt, je mehr (Führungs-)Verantwortung ich bekomme. Das steht außer Frage.

Härte bedeutet Widerstand

Und in diesem Zusammenhang bekomme ich aktuell immer öfter zu hören: „Werde härter!“ Doch was bedeutet das, härter zu werden? Klar, Führung bedeutet, Entscheidungen zu treffen und dahinter zu stehen, auch wenn die Entscheidungen nicht immer jedem gefallen und nicht immer einfach sind. Ja, das fällt mir als „Harmonie-Suchti“ nicht immer leicht. Führung bedeutet auch, unangenehme Situationen in die Hand zu nehmen und zu lösen. Aber geht Führung immer mit Härte einher? Ich störe mich so an diesem Wort, vielleicht auch, weil Härte etwas ist, was überhaupt nicht meiner Persönlichkeit entspricht. Ich will in diesem Zusammenhang auch gar nicht erst das Thema weibliche vs. männliche Führungsstile aufmachen.

Härte steht für Widerstand, und Widerstand ist etwas, was ich nicht mit Führung verknüpfe. Mit Führung verknüpfe ich Eigenschaften wie Stärke, fokussiert sein aber auch Einsicht. Und am aller wichtigsten: gute Kommunikation in alle Richtungen, aber immer glaubwürdig und authentisch. Ich möchte als Führungskraft natürlich akzeptiert und respektiert werden. Als Fähnchen im Wind wird man das nicht. Aber eine harte Wand ist auch nicht gerade das Sinnbild für Führung. Zumindest nicht für mich.

Führung ist vor allem eins: individuell und persönlich

Führung macht mir Spaß. Dennoch ist es nicht immer leicht. Führung kann einen teilweise zum Verzweifeln bringen – bringt aber auch wahnsinnig viele Chancen mit sich. Dinge selbst zu gestalten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Teams zu entwickeln – und auch Prozesse oder Situationen mal anders anzugehen. Und das ist genau mein Punkt: Führung ist individuell und persönlich und jede angehende Führungskraft sollte den Raum haben, herauszufinden, wie sie diese Rolle selbst ausfüllen kann und möchte. Und dabei hilft vor allem eins: Reflektion.

Über die Autorin: Marla Lüers arbeitet als Senior Account Manager im Bereich Healthcare Kommunikation bei WE Communications. 2019 war sie Teil der 30u30 Crew des „PR Report“. Sie gehört der GWPR Next Gen Leadership Initiative an, die sich speziell an Frauen mit fünf bis zehn Jahren Berufserfahrung richtet und sie auf ihrem Weg in Führungspositionen der Kommunikationsbranche unterstützt.