Annette Uhlmann (l.) und Diana Riegger (r.).

Ist es noch sinnvoll, professionelle Journalisten als Multiplikatoren einzusetzen? Oder investiert man nicht besser in „die Zukunft“ – in Influencer? Vor dieser Frage stehen Unternehmen und Agenturen. Antworten gibt eine aktuelle Masterarbeit an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) in Kooperation mit der Stuttgarter PR-Agentur Uhlmann PR. Dass die Wirkung von Influencern kritisch hinterfragt werden sollte, ist eines der Ergebnisse: Zwei Drittel der Befragten geht davon aus, dass andere Menschen Influencern häufiger folgen als sie selbst. Die Inhalte auf Blogs, Instagram und Co. halten nur zehn Prozent für glaubwürdig.

Diana Riegger vom Studiengang Crossmedia Publishing & Management der HdM hat untersucht: In welchen Fällen sind klassische Medien (Zeitschriften und Onlineplattformen, die von professionellen Journalistinnen und Journalisten befüllt werden) der effektivere Kanal und wann machen Influencer mehr Sinn.

Im Fokus der Arbeit stand die Zielgruppe Eltern, befragt wurden 213 Mütter und Väter sowie sieben Experten.

Familien sind eine Zielgruppe, für die die Abwägung von Influencer-Kooperationen tagtäglich auf der Agenda steht: Das Themenumfeld „Familie“ ist mit 13 Prozent nach den Themen „Stil und Mode“, „Essen und Trinken“, „Reisen“ und „Hobbys“ eines der Top Fünf Themen bei Influencern (Quelle: Influencer Marketing Guide 2019Q1, blogfoster.com).

Die fünf wichtigsten Ergebnisse der Studie:

1. Viele Nutzer bedeutet nicht automatisch großes Vertrauen.
Das Gefälle ist frappierend: Eltern vertrauen in erster Linie Zeitschriften (69 %), gefolgt von Plattformen (51 %), Unternehmenswebsites (31 %) und zuletzt Influencern (28 %). Bei der Nutzung sieht es ganz anders aus: Platz 1 für die Online-Plattformen (85 %), auf Platz 2 stehen die Elternzeitschriften (64 %) und auf Platz 3 folgen Influencer mit 54 %. Elterninfluencer haben die Zeitschriften bei der Nutzung also fast eingeholt. Und trotzdem genießen die Elternzeitschriften ein doppelt so großes Vertrauen.
Fazit: Unternehmen und Agenturen sollten bei der Kommunikation nicht nur bedenken, wie häufig ein Medium genutzt wird. Sondern auch, wie hoch das Vertrauen in dieses ist. Das gilt umso mehr bei sensiblen Themen wie Sicherheit oder Gesundheit.

Influencer vs Journalisten Grafik Uhlmann PR 2019

Grafik: Journalistische Elternmedien werden deutlich glaubwürdiger eingeschätzt als Influencer – auch von jungen Eltern. (© Uhlmann PR)

2. Eltern von heute sind konservativer als man denkt.
Wer hätte das gedacht? Nur 22 Prozent der Eltern folgen gezielt Familien-Influencern. Aber 65 Prozent denken, dass andere Eltern dies regelmäßig tun. 67 Prozent sind davon überzeugt, dass Eltern auch in Zukunft Zeitschriften lesen werden, nur 37 Prozent gehen davon aus, dass Influencer künftig für Eltern wichtiger werden.
Die befragten Eltern zwischen 22 und 52 Jahren halten Influencer weder für glaubwürdig (nur 10 % sprechen ihnen diese Eigenschaft zu) noch für neutral / objektiv (dies denken sogar nur 6 %). Professionelle Elternmedien schneiden deutlich besser ab: Zeitschriften halten 43 Prozent für glaubwürdig und 26 Prozent für objektiv / neutral. Je jünger die Eltern, desto mehr vertrauen sie zwar Influencern. Aber auch hier liegen die Influencer insgesamt nur auf Rang 3 im Vertrauensranking.
Fazit: Im Jahr 2019 sind journalistische Elternmedien noch deutlich glaubwürdiger als Influencer – auch für junge Eltern. Wenngleich der Kanal für sie an Bedeutung gewinnen wird.

3. Jeder Kanal hat seine eigenen Themen und Vorzüge.
Die Frage nach dem richtigen Kanal lässt sich nicht pauschal beantworten. Stattdessen gibt es bestimmte Themenfelder oder Produktgruppen, für die bestimmte Kanäle geeignet sind. Wollen Eltern zum Beispiel unterhalten werden, greifen sie eher auf Influencer (30 %) oder Zeitschriften (29 %), als auf journalistische Onlineplattformen (23 %) zurück.

  • Bei Printzeitschriften sind Themen richtig, für die ein Hintergrundwissen notwendig ist oder Erklärungsbedarf besteht. Dazu gehören neben Fragen zur Erziehung (42 %) und Gesundheit (38 %) auch Produkte für Kinder und Eltern (41 %). Eltern nutzen Zeitschriften in erster Linie, um allgemein neue Impulse zu erhalten (40 %).
  • Zu Influencern passen Themen, die unterhaltsam oder nah am Elternleben sind. Hierzu gehören beispielsweise Do-It-Yourself / Basteln (37 %) oder Themen rund um den Alltag als Eltern (29 %). Eltern konsumieren Influencer am liebsten zur Unterhaltung und zum Abschalten vom Alltag (30 %).
  • Journalistische Onlineplattformen werden generell am häufigsten sowie für die größte Bandbreite an Themen genutzt. So sind hier sowohl die Bereiche Gesundheit und Erziehung (61 %), als auch leichtere Themen wie Do-It-Yourself / Basteln (52 %) gut aufgehoben. Plattformen werden dabei insbesondere zur spezifischen Informationsgewinnung aufgesucht (70 %).

4. Wer sich nur für einen Kanal entscheidet, verpasst Chancen.
Weil manche Themen auf verschiedenen Kanälen ähnlich gut funktionieren, sollten Kommunikatoren auch mehrere Kanäle gleichzeitig bespielen. Für „allgemeine Impulse rund um das Thema Kind und Familie“ nutzen beispielsweise 40 Prozent der Eltern Zeitschriften und 44 Prozent Plattformen. „Urlaubs- / Ausflugsideen“ konsumieren 25 Prozent der Eltern über gedruckte Zeitschriften und 24 Proeznt über Influencer.
Fazit: Wer bei diesen Themen auf nur einen der beiden Kanäle setzt, riskiert es, die andere Hälfte der Zielgruppe links liegen zu lassen.

5. Unternehmens-Websites genießen mehr Vertrauen als erwartet.
Im Vertrauens-Ranking ordnet fast ein Drittel (31 %) der Eltern Unternehmens-Websites als vertrauenswürdig ein. Obwohl Absender und Intention klar ersichtlich sind, finden überraschend viele Eltern die Inhalte auf den Seiten von Hipp und Co. sogar noch etwas vertrauenswürdiger als jene von Influencern (28 %).
Fazit: Je nach verfügbaren Ressourcen und Markenbekanntheit ist es für Unternehmen daher sinnvoll, in den Aufbau eigener Kanäle zu investieren und die Zielgruppe auch mit eigenem Content direkt anzusprechen.

Unterm Strich stellt die Studie fest: Klassische Medien können den gehypten Influencern durchaus noch einen echten Mehrwert entgegensetzen. Ein Entweder-Oder bei der Medienauswahl ist der falsche Ansatz. Denn was nutzen beispielsweise viele Kontakte, wenn die Nutzer den Informationen nicht oder nur wenig vertrauen?

Über die Autorinnen: Annette Uhlmann (44) ist Inhaberin der Agentur Uhlmann PR und ist seit 18 Jahren auf die Zielgruppe Kinder und Familien spezialisiert. Mit ihrem Credo „Wir kommunizieren Werte“ macht die Agentur ausschließlich PR für wertvolle, nachhaltige und Sinn stiftende Produkte. Kunden sind Verbände sowie namhafte Unternehmen aus verschiedenen Branchen wie Spielwaren und Tourismus.
Diana Riegger (27) schrieb ihre Masterarbeit im Studiengang Crossmedia Publishing & Management an der HdM. Titel der Arbeit: „Influencer versus professionelle Journalisten als Kommunikatoren in der PR: Abgrenzung, Relevanz und Einsatzgebiete für die Zielgruppe Eltern“. Die Arbeit entstand im Rahmen ihrer Werkstudententätigkeit bei Uhlmann PR.


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