Autoren-Beiträge Autorenbeitrag: Warum Storytelling tot ist

Jörg Forthmann, meinungsfreudiger Chef der Hamburger Agentur Faktenkontor, hat sich mal wieder ein Thema vorgenommen und setzte sich kritisch mit „Storytelling“ auseinander. Seine These: siehe oben. Er kritisiert, dass Storytelling oft nur kaschiere, dass Unternehmen zu wenig Substanz für die wahre Story hätten. Daher sagt er, Kommunikator sein reiche nicht. Es gehe um die strategische Beratung des Topmanagements. Und die müsse in ein Storydoing münden. Lesen Sie nachfolgend den Beitrag von Jörg Forthmann (Foto).

Vom Storytelling zum Storydoing

In sechs von zehn Unternehmen erinnert das Storytelling an die Schlange Kaa im Dschungelbuch. Sie betört Mogli: "Hör auf mich, glaube mir, Augen zu, vertraue mir!"  - und verbirgt dahinter ihr wahres Tun. Das geht schief. Lesen Sie hier, wie Storytelling wirklich funktioniert.

Die Protagonisten des Storytellings haben wunderbare Geschichten um ihre Philosophie gesponnen: Stories sind wie Märchen. Sie bedienen die Sinne des Menschen wie keine andere Erzählform. Und sie adressieren die richtigen Areale im Gehirn. Dadurch steige die Wirkung auf das Publikum enorm. Wer wirkungsvoll Kommunikation betreibt, muss auf Storytelling setzen. Dieser Logik ist nichts entgegen zu setzen. Sie hat nur ein Kardinalproblem. Die Story kann nur so gut sein wie das Unternehmen oder die Marke dahinter.

Storytelling ist allzu oft nur Fassade

Das Storytelling ist in Wahrheit allzu oft das professionelle Errichten eines Potemkinschen Dorfes. Die Stories werden dem Unternehmen wie eine Banderole umgehängt. Alles, was hinter dieser Banderole hervorblitzt, widerspricht den schönen Geschichten der fleißigen Kommunikatoren. Derartige Beschönigungen lassen sich nicht lange aufrecht erhalten - denn die Menschen erfahren irgendwann die Wahrheit. Und dann ist die Enttäuschung groß. So hängt dem Storytelling bereits der Ruf der klug gemachten Lüge an.

Wer an der Reputation seines Hauses feilen will, muss eine einfache Formel befolgen:

Kultur + Leistung + Kommunikation = Reputation.

Diese Formel ist für Kommunikatoren frustrierend, denn die Kommunikation ist der Schlußstein in der Reputation. Die Kommunikation kann glaubhaft nur vermitteln, was es an Kultur und Leistung im Unternehmen tatsächlich gibt. Doch diese Bereiche entziehen sich der Verantwortung der Pressesprecher. Das ist die Zuständigkeit des Topmanagements. Die Aufgabe der PR-Experten erinnert an die des Harlekins am Hofe eines Königs. Der Harlekin konnte dem König - wenngleich in eine Performance verpackt - dem König sagen, was das Volk denkt und was im Königreich los ist. Richtig entscheiden musste dann aber der König.

Kommunikator sein reich nicht. Es geht um die strategische Beratung des Topmanagements.

Deshalb ist die Aufgabe von Kommunikatoren auf Augenhöhe mit dem Vorstand oder der Geschäftsführung nicht das Storytelling. Das ist Handwerk. Es ist das Storydoing. Damit sind die Anforderungen an Kommunikationschefs deutlich höher. Denn sie kommen in eine Beraterrolle, die auf dem ersten Blick widersprüchlich scheint gegenüber klaren wirtschaftlichen Zielen: mehr Umsatz, mehr Marktanteil, mehr Gewinn. Hier ist Überzeugungsarbeit zu leisten, dass eine herausragende Reputation genau diese Ziele unterstützt – also Storydoing angesagt ist.