Markus Hilse

Messen und berichten der Kommunikation bei großen Bauvorhaben

„Kompetentes Dagegensein“ und „informiertes Infragestellen“ sind gesellschaftliche Realität geworden. Die Zivilgesellschaft erwartet bei einer Vielzahl von Projekten zunehmend ein Recht auf Beteiligung und Mitbestimmung. Wird dieses Partizipationsbedürfnis nicht erfüllt, drohen Akzeptanzprobleme. Für Organisationen und Unternehmen ergeben sich dadurch verschiedene Herausforderungen für die Kommunikation. Ganz besonders sichtbar wird dies bei Industrie- und Infrastrukturprojekten.

Unternehmen müssen sich gerade hier fragen: 

  • Wie kann man diesen Erwartungen gerecht werden und Beteiligung strategisch einsetzen?
  • Kann man den Vorwurf „zu spät informiert zu haben“ entkräften?
  • Wie überzeugt man kontinuierlich interne und externe Shareholder vom Dialogprozess?

Akzeptanz schaffen

Der Schlüssel zum Erfolg besteht darin, gesellschaftliche Akzeptanz für ein Projekt zu schaffen. Akzeptanz entsteht, wenn Vorhabenträger auf solche Erwartungen, wie etwa umfassende Partizipation, adäquat eingehen und in der Projektkommunikation berücksichtigen. Die wichtigsten kommunikativen Erwartungen haben wir – insbesondere aus praktischer Sicht – für das Stakeholder Engagement Monitoring zusammengefasst.

  • Frühzeitigkeit: Über die geplanten Aktivitäten werden alle relevanten Stakeholder-Gruppen deutlich vor und in den (gesetzlich) festgelegten Planungs- und Genehmigungsverfahren informiert.
  • Transparenz: Alle ergriffenen Maßnahmen sind nachvollziehbar und können verständlich begründet werden. Sie sind leicht zugänglich und darüber hinaus dokumentiert.
  • Kontinuität: Komplexe Entscheidungsgrundlagen lassen sich gut vermitteln, wenn deren einzelne Teilschritte regelmäßig erklärt werden. Personelle Kontinuität stützt dabei die Stringenz.
  • Handlungsspielräume schaffen und benennen: Sowohl der Projektträger als auch die Stakeholder-Gruppen brauchen eine Definition von Handlungsspielräumen: Welche Möglichkeiten der Themeneingaben beziehungsweise Einwendungen gibt es? Und welche Verwendung finden diese?
  • Aufwand und Nutzen des Beteiligungsverfahrens: Eine Offenlegung der inoffiziellen und der formellen Einwendungen und einen Abgleich mit daraus resultierenden Projektschritten verdeutlicht die Entscheidungsgrundlage für eine bestimmte Lösung.
  • Kontakt zu Fachexperten: Neben der grundsätzlichen Erreichbarkeit des Projektträgers können Stakeholder bei Bedarf auch (jederzeit) mit den jeweils zuständigen Fachexperten in den Dialog treten.
  • Relevante Stakeholder-Gruppen erreichen: Öffentlichkeitsbeteiligung fokussiert den Willen und die Bereitschaft, gemeinsam etwas gestalten zu wollen. Daher hat der stete Austausch mit allen relevanten Stakeholder-Gruppen Priorität.
  • Verständlichkeit: Eine klare Sprache und punktgenaue Botschaften, die schwierige Begriffe möglichst vermeiden, sind Voraussetzung für kommunikatives Handeln.

Legitimation durch Berichterstattung

Das Konzept des Stakeholder Engagement Monitorings greift die Idee auf, Legitimation durch Berichterstattung zu schaffen. Der Gedanke dahinter: Stakeholder werden ein Projekt akzeptieren, wenn der Vorhabenträger nachweist und belegt, dass er den Erwartungen gemäß handelt, die an ihn gestellt werden. Das gilt vor allem im Hinblick auf Kommunikation und Beteiligung. Gleichzeitig schafft das Konzept einen Analyserahmen. Damit kann gemessen werden, inwiefern den Erwartungen der Stakeholder mit dem Handeln der Organisation in Bezug auf die Kommunikationsmaßnahmen entsprochen wird.

Das Konzept

Das Stakeholder Engagement Monitoring misst konkret, welche Resonanz die Aktivitäten des Vorhabenträgers bei den Bezugsgruppen finden. Zudem ist es wichtig, die erhobenen Daten für die kontinuierliche, mediale Außendarstellung zu nutzen. Es legitimiert in gewisser Weise die Ausrichtung der Maßnahmen an den Erwartungen der Bürger.

Die Idee

Herzstück des Stakeholder Engagement Monitorings bildet die Stakeholder-Engagement-Monitoring-Matrix. Sie setzt einzelne Kommunikationsmaßnahmen zu den externen Erwartungen in Beziehung. 

Die x-Achse bildet die Erwartungen an eine optimale Stakeholderkommunikation ab. Auf der y-Achse werden die projektspezifischen Kommunikationsoptionen aufgetragen.

Die Anwendung des Stakeholder Engagement Monitorings

Im ersten Schritt werden die KPIs (Key Performance Indicators) festgelegt. Sie ergeben sich aus der Kommunikationsstrategie und den darin formulierten Kommunikationszielen. Um die Daten „greifbar“ zu machen, müssen sie im zweiten Schritt mit adäquaten Messmethoden ausgewertet werden. Dies können beispielsweise quantitative und qualitative Befragungen, Inhaltsanalysen oder Dokumentationen (Online-Nutzerverhalten, Abrufe von Newslettern etc.) sein. Je nach Erhebungsmethode wird dann der Aufwand einkalkuliert und innerhalb der Projektbudgetierung eingeplant. Letztendlich gilt aber auch hier: Die Einbeziehung der Ergebnisse in die Steuerung und Konzeption der Kommunikation ist ein fortlaufender Prozess.

Fazit:

Mit dem Stakeholder Engagement Monitoring liegt ein Tool vor, das die bisherige Projektkommunikation bei Infrastrukturprojekten ergänzt und als Legitimationsinstrument gegenüber Stakeholdern dienen kann. Es hilft, Erwartungen der Stakeholder an die Projektkommunikation bereits bei der Kommunikationskonzeption zu berücksichtigen. Zudem misst es, ob die Kommunikationsarbeit den Erwartungen entspricht und berichtet den Stakeholdern, inwiefern auf die Erwartungen an Kommunikation und Beteiligung eingegangen wird.

Über den Autor: Markus Hilse ist geschäftsführender Gesellschafter von navos – Public Dialogue Consultants. (Kontakt: markus.hilse@navos.eu). navos ist eine Agentur für Unternehmenskommunikation, Stakeholder-Dialog, PR, Public Affairs und Bürgerdialoge. Das Stakeholder Engagement Monitoring wurde in Zusammenarbeit mit Dr. Felix Krebber entwickelt.


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