Autoren-Beiträge Zwischen Anspruch und Wirklichkeit: Zur Glaubwürdigkeit in der Unternehmenskommunikation
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- von Collin Scholz, Hannover
"VW will seine Glaubwürdigkeit reparieren“, "Die Deutsche Bank will wieder für Glaubwürdigkeit stehen“, "BASF verliert seine Glaubwürdigkeit“ – wohl täglich erscheinen in der Wirtschafts-Berichterstattung Schlagzeilen, in denen der Begriff Glaubwürdigkeit im Fokus steht. „Unternehmenskommunikatoren bezeichnen Glaubwürdigkeit als einen zentralen Wert, der für den Erfolg ihrer täglichen Arbeit von entscheidender Bedeutung ist“, sagt Simone Huck-Sandhu, Professorin für Unternehmenskommunikation an der Hochschule Pforzheim. Das klingt banal. Doch wie steht es in der Praxis um die Realisierung von Glaubwürdigkeit?
Eine sinnvolle Diskussion über das Thema Glaubwürdigkeit setzt eine präzise Definition des Begriffs voraus. Martin Eisend (Foto links), Inhaber einer Professur für Marketing an der Europa Universität Viadrina in Frankfurt/Oder, hat sich intensiv mit der Glaubwürdigkeitsforschung befasst: „Glaubwürdigkeit ist ein mehrdimensionales Konzept, mit dem der Empfänger einer Information diese Information oder die Informationsquelle, den Sender, beurteilt.“
Bei der Information handelt es sich um die Darstellung eines Sachverhalts, den der Empfänger nicht aus eigener Wahrnehmung kennt. Zudem hat der Empfänger aktuell keine Möglichkeit zu prüfen, ob der dargestellte Sachverhalt tatsächlich so existiert, wie der Sender beziehungsweise die Information ihn schildert. Er ist also aufgrund fehlenden Wissens nicht sicher, ob die Information wahr ist.
„Nicht zuletzt muss die Information für den Empfänger entscheidungs- oder handlungsrelevant sein. Nur dann wird er sich die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Information beziehungsweise der Informationsquelle stellen und beantworten“, betont Eisend. Wenn er die Information für glaubwürdig hält, dann nimmt er an, dass der dargestellte Sachverhalt in der Realität existiert. Hält er die Information für unglaubwürdig, unterstellt er, dass der Sachverhalt nicht so existiert, wie es in der Information dargestellt wird. „Die drei grundlegenden Rahmenbedingungen für das Konzept Glaubwürdigkeit sind also Kommunikation, Unsicherheit und Relevanz.“
Glaubwürdigkeit liegt im Auge des Betrachters
Als Zwischenergebnis kann festgehalten werden: Die Glaubwürdigkeit liegt im Auge des Betrachters. „Glaubwürdigkeit ist eine Frage der subjektiven Wahrnehmung und Zuschreibung“, bestätigt Professorin Huck-Sandhu (l.). Nur die Mitglieder der Zielgruppen entscheiden, ob sie einen Unternehmensrepräsentanten oder eine Unternehmensbotschaft für glaubwürdig halten oder nicht.
In einer Studie, in der Kommunikationsverantwortliche aus dreizehn Groß- und mittelständischen Unternehmen sowie Non-Profit-Organisationen befragt wurden, beschäftigte sich Huck-Sandhu mit Erfolgsfaktoren der Unternehmenskommunikation. Die Studie identifizierte fünf Kernmaßnahmen sowie weitere verstärkende Aspekte für glaubwürdige Kommunikation.
Die fünf Kernmaßnahmen sind:
- Transparenz: Das Unternehmen kommuniziert offen und kontinuierlich, im Krisenfall verzichtet es auf die berüchtigte Salami-Taktik.
- Wahrhaftigkeit: Lügen und Vertuschen sind tabu, jede Aussage des Unternehmens muss wahr sein.
- Authentizität: Das Unternehmen berichtet, was ist, spricht auch unangenehme Dinge an und unterlässt Schönwetter-Kommunikation.
- Reden und Handeln stimmen stets überein.
- Die Botschaften des Unternehmens widersprechen sich nicht, sondern sind konsistent.
Zu den verstärkenden Elementen gehören positive Aussagen unabhängiger Dritter über das Unternehmen. Dabei sind primär renommierte Journalisten beziehungsweise Medien zu nennen, gefolgt von Analysten und Wissenschaftlern. „Aber auch der Zeitpunkt, zu dem kommuniziert wird, die Verständlichkeit und Klarheit der Aussagen, die Nachvollziehbarkeit der Argumentation, die Vollständigkeit und Nachprüfbarkeit der geschilderten Fakten sowie die emotionale Nähe einer Botschaft zur Zielgruppe wirken sich darauf aus, ob Unternehmenskommunikation als glaubwürdig wahrgenommen wird oder nicht“, listet Huck-Sandhu weitere Aspekte auf, die Kommunikationsfachleute beständig berücksichtigen sollten. „Glaubwürdigkeit ist die Grundlage für Vertrauen, das sich wiederum positiv auf das Image und die Reputation einer Organisation auswirkt.“
Das Gegenteil wäre ein Glaubwürdigkeitsdefizit. Es entsteht, wenn ein Unternehmen gegen die fünf Kernmaßnahmen verstößt. In diesem Fall prüft der Empfänger jede Botschaft des Unternehmens mit Misstrauen beziehungsweis mit einer negativen Einstellung. Aufgrund dieses Vorurteils wird er dazu neigen, die Botschaft beziehungsweise den Sender als unglaubwürdig zu beurteilen.
Was also sollten Unternehmenskommunikatoren, Marketingverantwortliche und führende Mitarbeiter beachten, um Glaubwürdigkeit hervorzurufen? „In der Marketing-Kommunikation sollte der Kunde wahrnehmen, dass ein Anbieter sowohl die Fähigkeit, als auch die Absicht besitzt, wahrheitsgemäße Informationen zu vermitteln. Er muss kompetent und vertrauenswürdig erscheinen“, fasst Eisend zusammen. „Entdeckt der Kunde in nur einer der beiden Kategorien Defizite, führt das sofort zu einem Glaubwürdigkeitsverlust des Anbieters.“
In der weitergefassten Unternehmenskommunikation ist entscheidend, kontinuierlich die oben erläuterten Kernmaßnahmen und verstärkenden Aspekte zu beachten. Simone Huck-Sandhu: “Den Top-Managern, CEOs und Vorstandsmitgliedern kommt dabei als den wichtigsten Kommunikatoren und zugleich Aushängeschildern des Unternehmens eine zentrale Funktion zu. Sie verkörpern im Idealfall die Einheit von Reden und Handeln.“
Über den Autor: Collin Scholz ist Mitglied der Geschäftsleitung der Pilot:Projekt GmbH, Hannover. Nach seinem Studium und seiner Zeit als wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Linguistik an der Universität Szeged/Ungarn begann Scholz 1999 bei der Pilot:Projekt GmbH unter der Leitung von Eberhard Pilot sein Volontariat zum Redakteur sowie die Zusatzqualifikation zum PR-Berater. Beide Ausbildungen schloss er 2001 ab. Seit 2007 ist er Mitglied der Geschäftsleitung der Agentur.
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