Agile Denkpause Klimaschutz? Alles Ideologie? Nachhaltigkeitskommunikation geht die Luft aus

Bei der letzten Bundestagswahl zählte das Klima zu den wichtigsten Wahlkampfthemen. Nicht so in diesem Jahr: Der Nachhaltigkeit ist die politische Schlagkraft abhandengekommen, nicht nur weil andere Themen wie die Asyldebatte dominieren. Zu weit verbreitet scheint die Idee zu sein, ein aktiver Klimaschutz schwäche den Standort Deutschland wirtschaftlich. Schlechte Zeiten für die Nachhaltigkeitskommunikation?

PR-JOURNAL-Kolumnistin Kathrin Behrens sorgt sich um die Nachhaltigkeitskommunikation. (Foto: -Carsten Görling)

Wahlprogramme sind ein Spiegel der Bevölkerung. Schaut man in die Manifeste der Parteien, reflektieren sie den Trend: Die CDU/CSU proklamiert einen „marktwirtschaftlichen Klimaschutz“ statt der Klimawende und setzt auf Kernenergie statt Windräder. Die FDP hält die Umweltstandards in Deutschland generell für zu hoch, will die Energiesteuern abschaffen und das Ziel der CO2-Neutralität auf einen fernen Sankt-Nimmerleins-Tag im Jahr 2050 verschieben. Das BSW fordert in seinem Wahlprogramm „eine Abkehr vom Wunschdenken der Klimaneutralität“, während die AfD den menschengemachten Klimawandel gänzlich infrage stellt. Nur SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke bekennen sich zu den europäischen und nationalen Klimaschutzzielen. Nur deutlich leiser als bisher.

Zeitgeist 2025: Mehr Ego statt Gemeinsinn

Der Nachhaltigkeit ist die Lobby abhandengekommen, so scheint es. Auch der Greta-Effekt ist verpufft: Von der rebellischen Schwedin, die die Klimaschutzbewegung einst groß gemacht hat, spricht kaum noch jemand. Die FOM-Sommerstudie 2024 zum Umweltbewusstsein hat die gefühlte Ernüchterung mit Fakten unterfüttert: Zumindest in den Bereichen Mobilität und Ernährung will die Mehrheit der Deutschen ihr Verhalten nicht zugunsten des Klimas ändern.

Spätestens seit Trump ist das Ego Trumpf. Wo das Ich über das Wir triumphiert, hat es eine Kommunikation, die an den Gemeinsinn appelliert, schwer. Wir alle kennen das aktuelle Narrativ aus den politischen Debatten: „Ohne Wirtschaftswachstum keine Zukunft, da muss der Klimaschutz hintenanstehen.“ Die Diskussion setzt sich am Stammtisch fort. Ich überlege mir hier immer häufiger, ob ich im erhitzten Wortgefecht zu einem Plädoyer für die Nachhaltigkeit aushole. Als ich mich das letzte Mal für das Klima stark machte, erklärte mir ein Bekannter, erhaben über den Tisch gebeugt: „Behalt du dir deine Naivität“.

Nun bin ich keine Hobby-Ökologin, sondern eine Kommunikationsexpertin, die das Geschehen mit Sorge beobachtet. Nachhaltigkeitskommunikation ist seit jeher ein wichtiges Anliegen von Unternehmen und damit Teil meiner Arbeit. Wenn ESG-Kriterien und die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen in Unternehmen aktiv gelebt werden, ebne ich ihnen den Weg ins öffentliche Bewusstsein – aus voller Überzeugung.

Eine neue Ära hat begonnen

Doch es weht ein neuer Wind, den wir nicht ignorieren können. Spätestens seit Trump mit Zöllen und großen Worten den globalen Wettbewerbsdruck bis ins Unerträgliche steigert, ist ein entscheidender Hebel umgelegt: Die Ökonomie zwingt die Ökologie in die Knie. Damit haben die alten Nachhaltigkeitsnarrative ihre Wirkung verloren.

Unternehmen stehen vor einer Zeitenwende. Sie müssen sich nun genau überlegen, wie sie sich in Zeiten klimaskeptischer Politik positionieren, ihre Nachhaltigkeitsziele verfolgen und so kommunizieren, dass sie nicht auf Reaktanz stoßen.

Wie das geht? Ökologische Kommunikation muss konkreter, ehrlicher und individueller werden als bisher. VW muss seinen Stakeholdern andere Fragen beantworten als Bayer, BASF oder Beiersdorf. Nicht zuletzt für die Mitarbeitenden bedarf es klarer Fakten und schlüssiger Argumente, die aufzeigen, wie Wettbewerbsfähigkeit und nachhaltige Entwicklung im Unternehmen Hand in Hand gehen. Schließlich brauchen die Menschen ihre Arbeitsplätze genauso wie saubere Luft zum Leben.

Gleichzeitig darf ökologische Verantwortung auch nicht im Klein-Klein verschwinden. Wir sehen in den USA, wie schnell ein kommunikatives Vakuum entstehen kann, wie sich einst wichtige Themen scheinbar ins Nichts auflösen. Unternehmen spielen eine wesentliche Rolle, wenn Sie Nachhaltigkeit auf ihrer Kommunikationsagenda halten. Sie setzen damit ein kollektives Gegengewicht und tragen dazu bei, dass ein existentielles Thema nicht am gesellschaftlichen Horizont verschwindet. Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit müssen ein unerschütterlicher Dreiklang bleiben – dafür müssen wir jetzt sorgen.

Über die Autorin: Kathrin Behrens ist Expertin für strategische Kommunikation und Partnerin bei Elfvorzwölf, einer Beratung für Company Building, Transformation und Zukunftsgestaltung in Hamburg. Als Trainerin und Coach für KB2 vermittelt sie Kernkompetenzen der Kommunikation und Strategie für Profis. Einzigartig sind ihre langfristigen Coachings und Mentorings für mittelständische Unternehmen mit kleinen Kommunikationsabteilungen.

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