Agile Denkpause Pressemitteilungen? Leute, spart euch das Geld!

Im Durchschnitt erhält ein Redakteur 48 Pressemitteilungen pro Tag, von denen 85 Prozent nicht journalistisch verwertet werden. Die Zahlen sind uralt, von 2010, aber ich fürchte, die Bilanz hat sich kaum verbessert. Was bringt es uns, Pressemitteilungen für den Papierkorb zu produzieren? Mein Appell: Hören wir einfach damit auf!

Kathrin Behrens plädiert für verbesserte Qualität bei der Ansprache von Medien. (Foto: Beate Wätzel)

Einmal im Jahr durchforste ich das Internet nach Pressemitteilungen, die ich in meinen Workshops präsentieren kann. Es dauert, bis ich ein vorzeigbares Exemplar finde. Worauf ich stoße: „Materna Radar Cyber Security wird in der Liste der Top 250 MSSPs 2024 von MSSP Alert genannt“, das ist so kryptisch, dass meine Leselust kaum die Überschrift überlebt. Eine andere Pressemitteilung eines sympathischen Mittelständlers enthält auf der ersten Seite 37 Mal das Wort „Energie“ und ist auch damit ein Fall für die „Ablage P“.

Es ist teilweise haarsträubend, was Kommunikationsabteilungen an die Redaktionen schicken. Die Gründe, warum nur wenige Meldungen den Weg ins Medium finden, sind vielfältig, lassen sich aber schnell zusammenfassen:

  • Mangelnde Relevanz: Die Pressemitteilungen passen nicht zur Leserschaft des Mediums.
  • Aufgeblähte Texte: Die Infos sind lang, schlecht strukturiert und bieten wenig Substanz.
  • Fachchinesisch: Was der Absender uns vermitteln will, versteht nur er selbst.
  • Schlechte Textqualität: Das Dilemma lösen ChatGPT & Co. hoffentlich bald.
  • Zu werblich: Die Pressemitteilung wird mit einer Werbeanzeige verwechselt.
  • Zeitmangel: Redakteure haben oft nicht die Zeit, jede Pressemitteilung zu lesen.
  • Übersättigung: Journalisten werden mit Meldungen überflutet.

Bewährte Regeln einhalten

Ich könnte aufzählen, was es braucht, um Pressemitteilungen zu verbessern: Empfängerorientierung, einen guten Aufhänger, eine packende Überschrift, einen straffen Lead mit den journalistischen W’s, eine gute Struktur, Eliminierung alles Werblichen, eine passable Länge unter zwei Seiten – Regeln, die bekannt sein dürften.

Eher jedoch möchte ich ins Land hineinrufen: Leute, spart euch das Geld! Zwei Drittel aller Pressemitteilung, die auf den Weg gebracht werden, sind rausgeworfenes Budget. Ihnen fehlt schon vor dem Versand jegliche Chance auf Abdruck.

Weniger Quantität, mehr Qualität wäre auch für Journalisten ein gutes Signal. Es würde ihre Posteingänge entschlacken, die Ermüdung mindern und langfristig die Erwartungen an das steigern, was auf den Tisch geflattert kommt. Was wäre eine Alternative? Statt ausformulierter Meldungen könnten wir Journalisten öfter mal eine Übersicht über verschiedene Themen bieten, die wir leserorientiert anteasern. Aber auch hier gilt es sorgfältig zu selektieren: Was passt, was eher nicht?

Die PR ignoriert die Klagen aus den Redaktionen

Seit ich im Business bin, hat sich auf dieser Baustelle nicht viel getan: Die PR ignoriert die Klagen aus den Redaktionen und bombardiert die Medien weiterhin mit ihrem Geschreibsel. Um die Zusammenarbeit zu verbessern, müssen wir diese lähmenden Gewohnheiten durchbrechen und uns konstruktiver mit Journalisten austauschen. Vielleicht braucht auch die PR hier einen Change?

Während alarmierende Schlagzeilen über den Zustand der deutschen Wirtschaft die Medien beherrschen, finden in vielen Unternehmen tiefgreifende Transformationsprozesse statt. Es ist ja nicht so, dass Wandel und Innovation hierzulande Fremdwörter wären. Unsere Aufgabe ist es darüber nachzudenken, wie wir den inspirierenden Zukunftsgeschichten aus den Unternehmen mehr Aufmerksamkeit in den Redaktionen verschaffen können – sicher nicht, indem wir massenhaft belanglose Pressemitteilungen in den Medienkosmos feuern, in dem sie untergehen.

Über die Autorin: Kathrin Behrens ist Expertin für strategische Kommunikation und Partnerin bei Elf vor Zwölf, einer Beratung für Company Building, Transformation und Zukunftsgestaltung in Hamburg. Als Trainerin und Coach für KB2 vermittelt sie Kernkompetenzen der Kommunikation und Strategie für Profis. Einzigartig sind ihre langfristigen Coachings und Mentorings für mittelständische Unternehmen mit kleinen Kommunikationsabteilungen.

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