Agile Denkpause „Denn der Mensch ist Mensch“ PR in Zeiten des Lärms

Es ist ein Kommen und Gehen, Veränderungen sind zur Konstante geworden. Nur eines scheint sich zu verfestigen: Der raue Ton, der sich breit gemacht hat. Die Kommunikation im gesellschaftlichen Miteinander ist schärfer, zynischer und vor allem lauter geworden. Es scheint, als müsse auch die PR schreien lernen, um gehört zu werden.

Kathrin Behrens (Foto: Beate Wätzel)

„Man darf nichts mehr sagen“, heißt es seit geraumer Zeit immer wieder, und ich denke: Wie wunderbar still wäre es, wenn es denn so wäre. Ich persönlich habe eher den Eindruck, dass sich alle nur noch anbrüllen. Meinungen driften ins Extreme, reizen Emotionen, jeder mischt sich in alles ein – die Wogen schlagen hoch. Der schroffe Ton im privaten Umfeld, in den sozialen Netzwerken und die aggressivere Berichterstattung in den klassischen Medien prägen spätestens seit der Pandemie unseren Alltag. Inmitten dieses Getöses versuchen Unternehmen ihre Geschichten zu platzieren, PR zu machen wie eh und je.

„Wie stellen sich die Unternehmen dieser Herausforderung?“, werde ich oft gefragt. „Indem sie auf gar keinen Fall zum Lärm beitragen“, antworte ich. In der allgegenwärtigen Stimmungskrise sehe ich sogar eine Chance für Unternehmen: Je rauer das Umfeld, desto markanter können sie einen kommunikativen Kontrapunkt setzen, zu einer Insel des offenen und konstruktiven Austauschs mit ihren Zielgruppen werden.

In einem zunehmend aggressiven Klima ist es für Unternehmen wichtiger denn je, transparent zu kommunizieren und Informationen proaktiv zu teilen, bevor Fragen oder Kritik aufkommen. Wer zudem Verantwortung für Fehler übernimmt und authentisch konkrete Lösungsschritte aufzeigt, gewinnt Vertrauen. Statt den rauen Ton zu imitieren, sollten Unternehmen ehrlich über ihre Aktivitäten, Ziele und ebenso über ihre Herausforderungen berichten. So lässt Ritter Sport seine Fans beispielsweise daran teilhaben, wie schwierig es ist, eine nachhaltige Verpackung für die quadratische Schokolade zu entwickeln. Auch die Enttäuschung darüber, dass ein aufwändig entwickelter Prototyp nach wenigen Tagen Fettflecken aufweist, wird nicht verschwiegen. Diese Ehrlichkeit schafft Nähe und Identifikation. Denn der Mensch ist eben nicht perfekt.

Communities aktiv gestalten

In jedem Fall lohnt es sich für Unternehmen gerade in diesen bewegten Zeiten, näher an ihre Zielgruppe heranzurücken: genau zuzuhören, welche Probleme die Kunden bei der Anwendung ihrer Produkte haben, Unterstützung anzubieten und als verlässlicher Partner da zu sein. Eine schnelle und verständnisvolle Reaktion auf Kommentare und Anfragen sowie ein respektvoller Umgang gehören ebenso dazu, wie eine aktive Beziehungspflege. Auch hier gilt die Devise: Inseln schaffen – Rückzugsorte, an denen sich die Zielgruppe verstanden fühlt und sich idealerweise sogar untereinander zu Communities vernetzen kann. Es geht darum, die emotionale Bindung der Stakeholder an das Unternehmen und seine Marken so zu stärken, dass ein Gefühl der Zugehörigkeit und des Wohlbefindens entsteht. Ikea macht es uns seit Jahren vor: Hier tauschen sich Kundinnen und Kunden auf einer Plattform nicht nur engagiert darüber aus, wie sie ihre PAX-Schränke aufstellen – sie liefern dem Unternehmen ganz nebenbei noch wertvolle Impulse für die Produktentwicklung. PR at its best.

Kommunikationskanäle diversifizieren

Auf besonders aggressiven Plattformen wie X fällt es Unternehmen mitunter schwer, ihre eigene Welt unbeschadet aufzubauen. Der Zynismus besonders hitziger Social-Media-Aktivisten dringt nicht selten in die Markenwelt ein und verunreinigen ihr Image. Je breiter daher die Kommunikationskanäle aufgestellt sind, desto weniger machen sich Marken von einem Kanal abhängig. Am besten entwickeln sie eigene Medienkanäle wie Blogs oder Podcasts, in denen sie frei schalten und walten können. Die Diversifizierung ermöglicht es zudem, die Unternehmensbotschaften über verschiedene Kanäle zu verbreiten und unterschiedliche Zielgruppen anzusprechen – auf die wiederum sehr individuell und persönlich eingegangen werden kann. Gleichzeitig bleiben traditionelle Wege wie der Versand von Pressemitteilungen für das breite Publikum wichtig.

Auch wenn es laut um uns geworden ist, gibt es keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Mit einer smarten Strategie können Unternehmen gerade in diesen Zeiten ihre Reputation schützen und stärken. Der Schlüssel liegt in einer authentischen, werteorientierten Kommunikation, die das Vertrauen der Stakeholder fördert und langfristige emotionale Beziehungen aufbaut. In Zeiten von Krisen und KI gewinnt Menschlichkeit als wesentlicher Baustein der PR an Bedeutung. Das ist doch eine großartige Erkenntnis. 

Über die Autorin: Kathrin Behrens ist Expertin für strategische Kommunikation und Partnerin bei elfvorzwölf, einer Beratung für Company Building, Transformation und Zukunftsgestaltung in Hamburg. Sie unterstützt Unternehmen im Wandel dabei, wirkungsvolle Change-Strategien und -Narrative zu entwickeln. Als Trainerin und Coach vermittelt sie Kernkompetenzen der Kommunikation und Strategien für Profis.



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