DPRG-Präsident Norbert Minwegen bei der Eröffnung des Zukunftsforum. Foto: Patrick Herrmann

DPRG sucht nach der neuen Rolle der Kommunikatoren und findet Interesse der Branche

Das Zukunftsforum der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) am 22. und 23. Juni hat sein Versprechen gehalten. Wie angekündigt, beschäftigte sich die eineinhalbtätige Veranstaltung im Nachgang zur DPRG-Mitgliederversammlung mit Inhalten, wie vor allem der neuen Rolle der Kommunikatoren. Wie unterschiedlich diese Rolle interpretiert und gelebt werden kann, das zeigten in ihren Vorträgen die PR- und Kommunikations-Chefs großer deutscher Unternehmen: Alexander Wilke, thyssenkrupp, Philipp Schindera, Telekom, Jörg Eigendorf, Deutsche Bank, und Antje Neubauer, Deutsche Bahn, gewährten Einblick in ihr Rollenverständnis.

Gut 160 Gäste, davon wohl knapp mehr als die Hälfte Nicht-Mitglieder des PR-Berufsverbandes, folgten der Einladung der DPRG zu ihrem bereits dritten Zukunftsforum in der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Als Gastgeber trat aber nicht nur die DPRG auf, sondern auch die Studierenden des "Instituts für Journalismus und Public Relations" an der Gelsenkirchener Hochschule (siehe Foto; © Patrick Herrmann), die im Rahmen von PR-Projektarbeiten die organisatorische Vorbereitung übernommen hatten. Das vorweg: Am Ende wurde ihnen der längste Applaus zuteil. Mit der umsichtigen Planung, der professionellen Durchführung und ihrer freundlichen Art gelang ihnen ein äußerst gelungener Auftritt.

Zukunftsforum 2017 StudentencrewBei seiner Begrüßung kurz nach seiner Wiederwahl zum DPRG-Präsidenten kündigte Norbert Minwegen an, die DPRG werde sich künftig verstärkt mit dem Selbstverständnis des PR-Berufsstandes auseinandersetzen. Für das als Barcamp aufgezogene Zukunftsforum lud er zu einem lebendigen Austausch darüber ein. In den zahlreichen Sessions an den beiden Tagen diskutierten die Teilnehmer denn auch zahlreiche Facetten des Themas: wie man sich eine Community erzieht, ob Kommunikatoren eine Rolle spielen, welche Bedeutung künstliche Intelligenz in Zukunft hat oder wie der Kommunikator der Zukunft aussehen könnte, lauteten unter anderem die Themen in den Arbeitsgruppen.

thyssenkrupp

Mit die größte Beachtung fanden die Auftritte einiger Kommunikationschefs der großen deutschen Konzerne, die die DPRG für einen Auftritt in Gelsenkirchen gewinnen konnte. Alexander Wilke, thyssenkrupp, stieg in seinen Vortrag ein mit der These: „Wer behauptet, er kennt die Kommunikation der Zukunft, der lügt!“ Wilke führte aus, dass sämtliche Geschäftsmodelle in Unternehmen auf dem Prüfstand stünden, darauf müsse sich auch die Kommunikation einstellen. Seine Forderung in Richtung der Agenturen: Sie müssen integriert arbeiten. Heute komme es darauf an, die Marketing-Kommunikation mit der klassischen Kommunikation zu verbinden. Alles gehöre zusammen. Damit begründete er auch, dass thyssenkrupp unter seiner Regie die unternehmenseigene Werbe- und Digitalagentur „Bobby & Carl“ ins Leben gerufen habe. Wilke: „Wir wollen eine bessere Art der Kommunikation hinbekommen und die Qualität steigern. Wir wollen alles aus einer Hand.“

Deutsche Bahn

Inhaltlich in die gleiche Richtung argumentierte Antje Neubauer, seit Jahresbeginn Kommunikations- und Marketingchefin bei der Deutschen Bahn AG. Sie lehnte zwar das Agenturmodell Wilkes als für sie nicht vorstellbar ab, betonte aber, wie sehr sie davon überzeugt ist, dass die Vereinigung von Marketing und Kommunikation zukunftsweisend sei. Am Beispiel der für Dezember angekündigten Eröffnung der neuen Schnellstrecke von Berlin nach München erklärte Neubauer, wie relevant und wichtig es sei, dass „alle Gewerke“ zusammenarbeiteten. Von der allgemeinen Basispressearbeit und den Public Affairs-Aktivitäten über Marketingkampagnen zum Abverkauf der Tickets bis hin zu Corporate Kampagnen im Zusammenhang mit diesem Thema sei eine integrierte Arbeitsweise geboten. Dies wolle man einlösen und sehe schon jetzt die Vorteile der verzahnten Zusammenarbeit.

Neubauer gab aber auch zu, dass es nach knapp sechsmonatiger Zusammenarbeit in der neuen Konstellation zwischen Marketing und Kommunikation noch holpere. „Der Prozess des Zusammenwachsens dauert noch. Die Veränderungsbereitschaft ist anstrengend, vielleicht haben wir bisher ein Drittel des Weges geschafft“, sagte sie. Auch bedürfe es zum Teil neuer Mitarbeiter, die von außen kämen und somit einen unverstellten Blick auf die Fusion hätten. „Die Fluktuation ist gesund“, erklärte Neubauer, die übrigens kurzfristig ihr persönliches Erscheinen absagen musste und per Skype aus Berlin zugeschaltet wurde.

Deutsche Bank

Live vor Ort war Jörg Eigendorf, seit gut einem Jahr Konzernsprecher der Deutschen Bank. Er sagte nichts zum Zusammenspiel zwischen Kommunikation und Marketing betonte aber in seinem Vortrag, wie wichtig seine Rolle als Kommunikator nach innen sei. Eigendorf beschrieb, wie die Deutsche Bank versuche, nach Skandalen und Krisen wieder an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. Von der One-Man-Show rund um den CEO John Cryan wolle man künftig zu einer Kommunikation kommen, in der auch die anderen Vorstandsmitglieder einen wichtigen Part hätten. Die Deutsche Bank solle sich wieder menschlicher zeigen.

Unter dem Hashtag #PositiverBeitrag läuft die neue Kampagne zunächst nur intern. #PositiverBeitrag soll als ein Kommunikationsprogramm verstanden werden, in das sich jeder einbringen könne. Der alte Claim „Leistung aus Leidenschaft“ wird damit abgelöst. Eigendorf sieht seine Rolle daher derzeit vor allem darin, die Mitarbeiter abzuholen und hinter die neue Art des Reputationsmanagements zu bekommen.

Deutsche Telekom

Schindera Philipp Zukufo 2017Wie breit das Rollenverständnis gefächert sein kann, zeigte Philipp Schindera, Kommunikationschef der Deutschen Telekom AG und erneut wiedergewählter DPRG-Vizepräsident, in seiner Session auf. Zunächst betonte er, ein Kommunikationschef dürfe keine Rolle spielen, er müsse immer authentisch sein. Zwar habe man als Kommunikationschef verschiedene Rollen inne, dies sei aber im Sinne der damit verbundenen unterschiedlichen Funktionen zu verstehen. So müsse er die Rollen des Treibers der Digitalisierung, des Orientierungsgebers, des Netzwerkers, Analysten, Storytellers, Krisenmanagers und des Event-Experten allesamt mit hoher Glaubwürdigkeit wahrnehmen.

Schindera prognostizierte, dass sich klassische Unternehmensstrukturen in den kommenden fünf oder acht Jahren auflösen würden, alles werde viel agiler werden als bisher. Das gelte heute schon für die Kommunikation, da im Gegensatz zu früher viel mehr Menschen aus einem Unternehmen heraus kommunizieren würden. Davor sollte man keine Angst haben, riet Schindera, schließlich identifizierten sich 90 Prozent der Mitarbeiter mit ihren Unternehmen. „Aus Kommunikationssicht kommt es daher heute darauf an, die Mitarbeiter dazu zu befähigen, gute Unternehmensbotschafter zu werden und die Community zu managen“, sagte er.

Fazit

Das DPRG-Zukunftsforum hat sich bewährt. Die dritte Ausgabe wurde von vielen Teilnehmern als gelungen betrachtet. Und das, obwohl das Netzwerken der Gäste untereinander aufgrund eines zu engen Zeitplans vor allem am ersten Tag zu kurz kam. Trotz dieser kleinen organisatorischen Schwäche setzten die Verantwortlichen mit der Auswahl der Themen und der Referenten wichtige Akzente. Die Branchenprominenz scheint sich wieder für den Berufsverband der PR- und Kommunikationsfachleute zu interessieren. Die Beschäftigung mit Themen wie dem künftigen Berufsbild stößt auf Interesse in der Branche. Drei Jahre nachdem Norbert Minwegen mit seinem Team das Ruder übernommen hat, scheint die DPRG an Relevanz zu gewinnen. Man darf gespannt sein, wie es mit dem Zukunftsforum und dem Verband weitergeht.

Hinweis Trendbarometer

Im Rahmen des Zukunftsforums wurden auch erste Ergebnisse des Trendbarometers 2017 veröffentlicht. Wir berichten an dieser Stelle ausführlich darüber.


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