Der Deutsche Presserat hat auf seinen Beschwerdeausschuss-Sitzungen am im März 2017 wegen schwerer Verstöße gegen den Pressekodex insgesamt fünf öffentliche Rügen ausgesprochen. Zwei Rügen richteten sich gegen „Bild Online“. In beiden Fällen sah der Presserat den Persönlichkeitsschutz von Opfern eines Verkehrsunfalls und eines Mordfalls verletzt. Zudem ahndete der Presserat drei Verstöße von „Bravo Online“ (zweimal) und dem „Top Magazin Rhein Neckar“. Beide hatten Werbung und Redaktion nicht ausreichend voneinander getrennt. Beschwerden über die Berichterstattung zum Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz wurden zurückgewiesen. Mit einer Missbilligung sanktioniert wurde lediglich die Darstellung der Leiche des Attentäters in einer Tageszeitung. Keine Rügen ergingen wegen der umstrittenen Titel „America first“ vom „Spiegel“ und „Spiegel-Leser außer Rand und Band“ von „Charlie Hebdo“.

Persönlichkeitsschutz von Opfern verletzt

Wegen einer Verletzung des Persönlichkeitsschutzes nach Ziffer 8 Pressekodex wurde „Bild Online“ gerügt. In einem Artikel über einen Verkehrsunfall hatte die Redaktion das Foto einer jungen Frau veröffentlicht, die dabei ums Leben kam. Auch der Vorname und der abgekürzte Nachname des Opfers wurden genannt. Durch diese Angaben sowie die Schilderung weiterer Details aus ihrem Leben wurde die Frau eindeutig identifizierbar. Der Presserat stellte hier einen groben Verstoß gegen die Richtlinie 8.2 fest, in der festgehalten ist, dass die Identität von Opfern besonders zu schützen ist.

Eine weitere Rüge erging gegen BILD Online wegen der Berichterstattung über den Vergewaltigungs-/Mordfall von Freiburg. Das Medium hatte ein privates Foto des Opfers zunächst unverpixelt veröffentlicht, nach einem Tag verpixelt und später ganz aus dem Beitrag entfernt. Der Beschwerdeausschuss sah in der Veröffentlichung einen schweren Verstoß gegen Richtlinie 8.2 des Pressekodex. Die Veröffentlichung von Fotos ist nur mit Zustimmung der Angehörigen zulässig.

Drei Verstöße gegen die Trennung von Werbung und Redaktion

„Bravo Online“ wurde für insgesamt 20 Instagram-Postings wegen eines Verstoßes gegen Ziffer 7 gerügt, in denen sich die Redaktion begeistert über den Gebrauch von Produkten geäußert hatte. Allein 16 Postings behandelten die Produkte einer Kaffeehaus-Kette. Dabei wurden Marken- und Produktnamen prominent herausgestellt. Die werbliche Besprechung der Produkte ging nach Meinung des Gremiums dabei deutlich über das Leserinteresse hinaus und ist gemäß Richtlinie 7.2 als Schleichwerbung zu werten.

Eine weitere Rüge wegen eines Verstoßes gegen die in Ziffer 7 geforderte Trennung von Werbung und Redaktion erhielt „Bravo Online“ für nicht ausreichend gekennzeichnete Anzeigen. Die Anzeige für eine neue Becher-Größe bei einer Kaffeehaus-Kette war nicht als solche gekennzeichnet. Die in der Autorenzeile und mit Profilbild aufgeführte Redakteurin sowie die direkte Ansprache der Leser („Bei uns darf es übrigens immer der koffeinfreie sein - schmeckt angenehm mild und lecker!“) suggerierten den Lesern vielmehr einen redaktionellen Artikel. Hierin sah der Ausschuss einen schweren Verstoß gegen die klare Trennung zwischen redaktionellem Text und Veröffentlichungen zu werblichen Zwecken.

Die mangelnde Trennung von Redaktion und Werbung war auch Anlass für eine Rüge gegen das „Top Magazin Rhein Neckar“. Die Zeitschrift hatte eine vierseitige Textanzeige veröffentlicht, die eng an das Layout der redaktionellen Beiträge angelehnt war. Lediglich auf der ersten Seite war die Werbung mit dem Hinweis 'Promotion' gekennzeichnet. Der Presserat erkannte hier eine Verwechslungsgefahr mit einem redaktionellen Beitrag. Die Bezeichnung ‚Promotion‘ ist kein presseethisch akzeptables Synonym für den Hinweis ‚Anzeige‘. Die Anzeige erfüllte somit nicht die Anforderungen der Richtlinie 7.1 Pressekodex, in der es heißt, dass bezahlte Veröffentlichungen so gestaltet sein müssen, dass sie für den Leser als Werbung erkennbar sind.


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