Branche Atomausstieg: Kommunikation verunsichert Verbraucher

Die überwiegende Mehrheit der Deutschen fordert  weiterhin den Ausstieg aus der Kernenergie, allerdings muss der Strom bezahlbar bleiben. Zu Sorgen über mögliche persönliche Einschränkungen durch steigende Strompreise tritt die wachsende Unzufriedenheit über fehlende Transparenz in der Energiedebatte. Das ist das Ergebnis einer aktuellen repräsentativen Umfrage im Auftrag der Kommunikationsagentur Ketchum Pleon (GPRA) in Düsseldorf.

Auch gut sechs Wochen nach der Katastrophe von Fukushima ist die Forderung der Deutschen eindeutig: Raus aus der Kernenergie. 89 Prozent der Befragten befürworten demnach einen Atomausstieg. Erneuerbare Energien werden insgesamt positiv beurteilt. 74 Prozent der Befragten glauben, dass Investitionen auf diesem Feld zusätzliche Arbeitsplätze schaffen. Gleichzeitig rücken auch die Kosten einer Energiewende stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit: Mehr als die Hälfte der Bürger (51 Prozent) hält es für unverzichtbar, dass der Strom weiterhin bezahlbar bleibt.

Zusatzkosten für Energiewende in der Bevölkerung umstritten
Was konkret unter bezahlbar zu verstehen ist, wird von den Umfrageteilnehmern unterschiedlich beantwortet. 39 Prozent sind bereit, bis zu 50 Euro mehr pro Jahr für die Energiewende zu bezahlen. Einen Zuschlag auf die Stromrechnung in Höhe von 100 Euro können sich lediglich 17 Prozent vorstellen, noch mehr zahlen möchte nicht einmal jeder Zehnte (9 Prozent). Allerdings: 33 Prozent der Befragten wollen überhaupt keine Preiserhöhung hinnehmen.

Die künftige Preisentwicklung wird dabei eher pessimistisch beurteilt
Fast zwei Drittel (60 Prozent) der Deutschen fürchten, dass die von der Energiewende verursachten Kosten vollständig auf die Verbraucher umgelegt werden; nahezu 80 Prozent erwarten zudem eine Verteuerung von Produkten und Lebenserhaltungskosten als Folge des Kurswechsels. Auch die weiteren Konsequenzen eines Umstiegs auf andere Energieformen werden kritisch gesehen. So rechnet mehr als die Hälfte der Deutschen (52 Prozent) mit Einschränkungen ihrer Lebensqualität wegen des notwendigen Netzausbaus, etwa durch neue Strommasten und Windrädern.

Andere Prioritäten in Ost und West
Beim Thema Atomkraft sind Ost- und Westdeutsche sich uneinig, vor allem die Dringlichkeit eines Ausstieges wird unterschiedlich stark bewertet. Während 42 Prozent im Westen einen unbedingten Abschied vom Atomstrom befürworten, spricht sich dafür in Ostdeutschland nur gut jeder Fünfte (21 Prozent) aus. Anders sieht es aus, wenn die Kosten des Atomausstiegs vergleichsweise geringe Auswirkungen auf den Strompreis haben. Dann geben knapp die Hälfte (47 Prozent) der West- und beinahe drei Viertel (70 Prozent) der Ostdeutschen an, dass sie sich das Ende der Kernkraft wünschen.

Kommunikation verunsichert Verbraucher
Die Umfrage dokumentiert darüber hinaus eine starke Verunsicherung der Bevölkerung aufgrund der emotional geführten Debatte. 58 Prozent der Befragten geben an, über die finanziellen Auswirkungen der Energiewende sehr verunsichert zu sein. 70 Prozent meinen sogar, durch die Diskussion über die finanzielle Belastung werde der Atomausstieg schlecht geredet. Daraus leitet sich die Forderung nach verlässlichen Informationen ab. Um das Thema voranzutreiben muss mehr Sachlichkeit und Transparenz in die Debatte kommen und zwar schnell. Denn bereits jetzt gehen 44 Prozent der Befragten davon aus, dass das Thema Energiewende  schon bald wieder aus den Medien verschwindet.

Mehr Mut zu Sachlichkeit und Klarheit, empfiehlt Ketchum Pleon deshalb allen Entscheidern. Die Bevölkerung weiß, dass höhere Belastungen auf sie zukommen. Dass sie sich darüber nicht freut ist klar. Aber deshalb die möglichen Probleme der Energiewende zu vertuschen oder zu verniedlichen, ist keine geeignete Strategie

Über die Befragung
Die repräsentative Befragung von 1.000 Konsumenten erfolgte in Zusammenarbeit mit tns emnid vom 18. bis 19. April 2011. Es können soziodemographische Daten wie Alter, Geschlecht, Bildung, Einkommen, Haushaltsgröße und Bundesland sowie die Einstellungen zur Energiewende unterschieden werden.

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