Branche „Zukunft der internen Kommunikation“ – Düsseldorfer Tagung zeigt Tools und Formate

In Düsseldorf veranstaltete der Seminaranbieter SCM eine zweitägige Fachtagung zur Zukunft der internen Kommunikation. Schnell wurde klar, diese Kommunikationsdisziplin steht vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel. Immer mehr wird sie zum Moderator für komplexe Veränderungsprozesse. Am Ende hatten die rund 100 Teilnehmer der Fachtagung mehr als nur einen Blick in die Glaskugel geworfen.

Get-together bei der Düsseldorfer Kommunikationsagentur JP|KOM am Vorabend der SCM-Tagung: Jörg Pfannenberg (l.), Geschäftsführender Gesellschafter bei JP|KOM, führte durch den Abend.

Die interne Kommunikation steht vor einem Paradigmenwechsel. Statt Botschaften top-down von der Führungskraft an die Mitarbeiter zu senden, gestaltet sie mehr und mehr die Moderation komplexer Veränderungsprozesse. Und das in einem Zusammenspiel der Disziplinen und über vernetzte Kanäle; mithilfe künstlicher Intelligenz, dialogorientiert, partizipativ und vor allem digital und in Echtzeit. Da stellt sich die Frage: Ist das noch Zukunftsmusik oder bereits gelebte Unternehmenswirklichkeit?

DB Planet – auch für den Bahnmitarbeiter auf dem Stellwerk

Bei der Deutschen Bahn ist das Szenario des gelebten digitalen Umbruchs durchaus real, wie Tobias Geiger glaubhaft vermittelte. Der Leiter Interne Kommunikation stellte das aktuelle Vorzeigeprojekt für die digitale Transformation bei der Bahn vor: „DB Planet“. Mit diesem Social Intranet können erstmals alle der über 300.000 Mitarbeiter erreicht werden. Zumindest theoretisch: Denn während Geiger auf der einen Seite auch den Mitarbeiter in den Büros ansprechen will, gibt es andererseits auch „Bahner“ ohne PC – und damit ohne Anbindung an den Planeten. Dies ist eines der Probleme, mit denen zahlreiche Abteilungen der internen Kommunikation auf ihrem Weg durch die digitale Transformation derzeit noch zu kämpfen haben.

Planet mit allen sozialen Funktionen

Trotzdem ist Geiger mit den Nutzerzahlen nach vier Wochen mehr als zufrieden: 50.000 angemeldete Nutzer, 3.000 Gruppen (Geigers Favorit: die Singles bei der Bahn), 150.000 Seitenaufrufe pro Tag. Ebenfalls erwähnenswert: Bisher gab es keine Shitstorms und nicht einmal die Notwendigkeit, einen Post zu löschen. Dennoch bietet der Planet alle sozialen Funktionen („gefällt mir“, „teilen“, „kommentieren“), und die Chatfunktionalität ist ebenso gegeben wie die Möglichkeit, Umfragen einzustellen. Für die Inhalte sorgen sechs Mitarbeiter und eine externe Agentur, der Output liegt monatlich bei rund 300 Beiträgen.

Interne Kommunikation muss mobil werden

So viel Content wird Isolde Schwarz-Krieger für das Social Intranet der Stadt München nicht produzieren können. Als Verantwortliche für die interne Kommunikation im Kreisverwaltungsreferat ist sie auch für den Aufbau der neuen Plattform und deren redaktionelle Pflege zuständig. „Ich habe immer noch Schwierigkeiten mir vorzustellen, was da auf uns zukommt“, gesteht sie. Den Vortrag des Kollegen von der Bahn fand sie aber hilfreich und freut sich auf weitere „Best Cases“, „besonders im Bereich mobiler Apps“.

Folgerichtig sitzt sie kurz darauf im Vortrag von Philipp Mann, einem von zwei Inhabern der Agentur MPM Corporate Communication Solutions. Der zeigte anschaulich auf, warum „die interne Kommunikation mobil werden muss“. Viele Mitarbeiter hätten nämlich nach wie vor keinen PC-Arbeitsplatz, seien damit von der Kommunikation abgeschnitten. Andererseits gebe jeder zweite der „Zwangs-Analogen“ an, seinen Job besser machen zu können, wenn er an der Kommunikation partizipieren würde. Dies funktioniere, so Philipp Mann, wenn auf der einen Seite entsprechende Online-Lösungen, wie Intranet oder native Apps bereitstünden; auf der anderen Seite der Zugriff auf die Inhalte perspektivisch auch über das private mobile Endgerät möglich werde.

Künstliche Intelligenz als „Game Changer“

Den Wissensschatz im Unternehmen bergen und Orientierung im Schwarmwissen erleichtern: Der Vortrag von Heinz Korten, Senior Expert Neue Medien bei Telefónica, zeigte, wie auch die interne Kommunikation dabei bereits jetzt von der künstlichen Intelligenz profitieren kann. „KI ist der Game Changer“, sagt Korten und ist sich sicher, dass die Kommunikation zu Maschinen und von Maschinen zu uns zur Regel wird: „Unsere Intranets werden sprechen lernen. Wichtig ist, dass die Qualität der Kommunikation stimmt und der Mensch an die Kompetenz der Maschine glaubt“, so Korten.

Face-to-Face gerade in der internen Kommunikation wichtig

Auf seinen Glauben wollte sich Ralph Bartels nicht verlassen – und ließ zwei Dutzend iPads verteilen, um mit den Tagungsteilnehmern ein wenig Swarm-Polling zu betreiben. Der Einsatz dieses Umfrage-Tools der Firma SwarmWorks erlaubt es, bei Konferenzen in Sekundenschnelle Meinungsbilder einzuholen oder gemeinsam erarbeitete Ergebnisse zu visualisieren und zu „ranken“. Einige Kostproben (natürlich nicht repräsentativ):

  • Wahrheit und Offenheit sowie eine klare Sprache sind die wichtigsten Voraussetzungen, um die Glaubwürdigkeit in der persönlichen Kommunikation zu stärken;
  • Klare Sprache meint: kurze Sätze, wenig Fremdwörter, Empathie;
  • um den Mut zur Offenheit auch zum Erfolgsfaktor werden zu lassen, braucht es das Vorleben durch Führungskräfte und die Unterstützung des Managements;
  • wer zeitnah kommunizieren will, für den sind schlanke Freigabeprozesse und die frühzeitige Einbindung durch das Management am wichtigsten.

Vorstände ziehen oft nicht mit

Pallenberg Sascha DaimlerAG SCM IntKomSo wichtig wie die persönliche Kommunikation, der Face-to-Face-Kontakt, ist auch das dauerhafte und aufrichtige Involvement der Führungskräfte. Hier herrscht in der betrieblichen Wirklichkeit offenbar durchweg ein Mangel, wie sowohl einige Referenten als auch Teilnehmer beklagten. Ein Appell könnte deshalb lauten: „Vorstände: Bleibt auch in der Umsetzungsphase präsent, sonst leidet die Glaubwürdigkeit der internen Kommunikation!“

Foto links: Unter dem Motto „Agilität: Das neue Verhaltensmodell – auch für die interne Kommunikation?“ diskutierten Frank Weber (weber.advisory), Sascha Pallenberg (Foto l.) (Daimler AG) und Daniel Konrad (JP|KOM) ihre Thesen zum Thema agile Methoden und Verhaltensweisen.

Stimmen zur SCM-Tagung:

„Ich bin hergekommen, um zu sehen, wo wir mit unserer internen Kommunikation stehen. Ich muss sagen, die Problemstellungen sind doch bei vielen gleich. Und wir sind da schon ganz gut aufgestellt. Die Tagung war sehr inspirierend und ist für mich ein guter Anreiz zur Fortsetzung der eigenen Arbeit.“

Tanja Kistowski, Manager Interne Kommunikation bei Arla Foods

„Ich verspreche mir ein wenig Information und Inspiration für die Dinge, die gerade bei uns aktuell sind, unter anderem eine Mitarbeiter-App und unsere face-to-face-Formate. Besonders gut hat mir das Meinungstool SwarmWorks gefallen.“

Roland Hampe, Senior Marketing Manager, u. a. verantwortlich für die IK bei der Union Investment Real Estate

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