Branche Interview mit „Young Professional des Jahres“ Antonia Meyer: „Ich bin eher der Agenturtyp“

Meyer Antonia sherpas PR Professional2016Antonia Meyer hat in diesem Jahr im Rahmen des Wettbewerbs #30u30 den Titel „Young Professional des Jahres“ gewonnen. Die 29-Jährige arbeitet als Client Executive (Berater) bei der Berliner Agentur 365 Sherpas, die als Teil der Hirschen Group vor allem im Bereich Public und Corporate Affairs tätig ist. Den Preis erhielt sie gemeinsam mit Katharina Balkmann, Junior-Beraterin bei der Düsseldorfer Agentur JP | Kom für ein strategisches Konzept zum Thema Diversity in Unternehmen.
Das „PR-Journal“ sprach mit Antonia Meyer (Foto, ©Marc-Steffen Unger) über die Bedeutung der Auszeichnung, ihre Begeisterung für einen Agenturjob und ihre Sicht auf die Nachwuchsentwicklung in der PR.

PR-Journal: Wie wird man „Young Professional des Jahres“?
Antonia Meyer: Zuerst einmal muss man für den #30u30-Wettbewerb nominiert werden, was in meinem Fall unser Geschäftsführer Cornelius Winter gemacht hat. Nach einer Vorauswahl durch die Jury trafen sich die 30 Finalisten aus Unternehmen und Agenturen bei Siemens zu einem Camp Day. Hier gab es dann beispielsweise Pecha-Kucha-Präsentationen und es fand ein Austausch mit Coaches aus der PR- und Kommunikationsszene zu Branchenthemen statt. Am Ende erhielten wir ein Thema für ein Konzept – in diesem Fall Diversity und die gesellschaftspolitische Positionierung eines Unternehmens. Das mussten wir in Zweierteams über mehrere Wochen bearbeiten. Meine Partnerin war Katharina Balkmann. Deshalb ging der Preis auch an uns beide.

PR-Journal: Die Jury lobte Ihr Konzept als „clever, stringent und konsequent“ sowie dessen „Sprachwitz“. Was denken Sie selbst, was Sie besser als die anderen gemacht haben?
Meyer: In Zeiten von Populismus und rechten Tendenzen geht es für jedes Unternehmen darum, sich zu positionieren und Haltung einzunehmen. Es ist nicht möglich, sich komplett rauszuhalten. Diesen Gedanken haben wir aufgegriffen und am Ende ein Konzept entwickelt, das sich auf fast jedes Unternehmen übertragen lässt und bei dem jeder Mitarbeiter gefordert ist.

PR-Journal: Sie haben ein Volontariat bei Johanssen + Kretschmer absolviert und sind seit 2015 bei 365 Sherpas. Was reizt Sie an Agenturen? Mehr Geld gibt es ja woanders.
Meyer: Ich habe bereits während meines Studiums Praktika in Agenturen gemacht und fand es spannend. Natürlich war das Thema Geld auch für mich relevant, nur habe ich mich gefragt, was mir langfristig am meisten bringt und Spaß macht. Es ist auch eine Persönlichkeitsfrage. Mich reizen die hohe Taktung einer Agentur, die unterschiedlichen Projekte und Kunden sowie die Schnelllebigkeit. Es mag abgedroschen klingen, aber ich lerne sehr viel in sehr kurzer Zeit. Natürlich ist es kein 9-to-5-Job und man sitzt bei Pitches auch mal bis spät im Büro. Durch meine Arbeit in Agenturen habe ich einen Generalisten-Blick auf verschiedene Bereiche der Kommunikation bekommen. Ja, ich fühle mich gut ausgebildet.

PR-Journal: Wie sieht Ihre tägliche Arbeit aus? Welche Aufgaben liegen auf Ihrem Schreibtisch?
Meyer: 365 Sherpas ist eine Agentur für Public Affairs, also für politisch-strategische Kommunikationsberatung. Viele unserer Mandate sind vertraulich, deshalb kann ich auch keine Kunden nennen. Nur so viel: Zu unseren Kunden zählen Unternehmen, Verbände und die Bundesregierung. Und es sind hauptsächlich Unternehmen aus der Energiebranche, dem Einzelhandel und der Infrastruktur, für die ich arbeite. Dadurch definieren sich auch die Aufgaben: Wir entwickeln Themen für das Agenda Setting, überlegen uns, wie wir Stakeholder erreichen, und beschäftigen uns mit politischen Entwicklungen. Welchen politischen Kurswechsel könnte die Bundestagswahl mit sich bringen? Wie positioniert sich ein Kunde? Es ist sehr strategisch. Klassische Unternehmenskommunikation und strategische Pressearbeit gehören dazu, sind aber nicht der Hauptteil meiner Aufgaben.

PR-Journal: Wie würden Sie sich selbst beschreiben?
Meyer: Ich bin selbst eher der strategische Typ, der sich überlegt, wie Themen und Botschaften Kunden weiterbringen. Konkret finde ich es reizvoll, Kunden von einer Leitidee zu überzeugen – zu sehen, wie sie reagieren, wenn sie sich verstanden fühlen oder wenn etwas ihren bekannten Mustern widerspricht. Unternehmen aus ihrer Komfortzone herauszulocken – das wird für mich immer entscheidender in der Kommunikation.

PR-Journal: Wie denken Sie wird sich die Kommunikation in Zukunft entwickeln? Wo sehen Sie Agenturen in diesem Kontext?
Meyer: Generell wird die Kommunikation komplexer. Das merke ich schon in der relativ kurzen Zeit, die ich den Job mache. Kommunikation findet überall statt – und wenn man sie als Unternehmen oder Institution professionell angehen will, braucht man eine Strategie. Für mich ist aktuell die richtige Zeit für die Beratung durch Agenturpartner, die Firmen dabei helfen, sich mit diesen ganzen Veränderungen zurechtzufinden.

PR-Journal: Erhält man als Young Professional des Jahres eine Vielzahl von Jobangeboten? Wie geht es bei Ihnen persönlich weiter?
Meyer: Klar, mein Telefon steht nicht mehr still. Scherz beiseite. Ich höre aus meinem Bekanntenkreis, dass viele davon reden, eine Referentenstelle beispielsweise im Bundestag zu bekommen oder möglichst bald in ein Unternehmen zu wechseln. Für mich stellt sich die Frage aktuell nicht. Ich fühle mich sehr wohl bei den Sherpas. Wie anfangs gesagt: Es ist eine Persönlichkeitsfrage. Wahrscheinlich bin ich eher der Agenturtyp.

Lesehinweis: Beachten Sie zu dem von Katharina Balkmann und Antonia Meyer vorgelegten Denkanstoß „Wie interne Kommunikation gesellschaftspolitische Entwicklungen angeht“ auch den Autorenbeitrag von Siegfried Schick im "PR-Journal" vom 24. November. Unter der Überschrift „Vom ‚Wutmitarbeiter‘ zum ‚Wutbürger‘ – oder auch umgekehrt“ hat auch er sich zum Thema geäußert, wie Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung durch eine Veränderung der Internen Kommunikation wahrnehmen können.

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