Branche Kommunikationsbranche im Wandel: Führung auf Zeit gewinnt an Bedeutung

Wolfgang Griepentrog (Foto) gibt im Interview Einblicke in die Arbeit von Interim Managern – Teil 1

Griepentrog Wolfgang FotoDer Wandel der Arbeitswelt verändert auch die Kommunikationsbranche. Steigender Leistungsdruck, immer mehr und zunehmend komplexere Anforderungen machen neue flexible und effiziente Arbeitsformen interessant. So überbrücken Unternehmen heute Engpässe und fehlende Managementressourcen im Kommunikationsbereich teilweise durch Interim Manager. Noch ist es ein Nischenmarkt, aber der Bedarf an Führung und Management von Kommunikationsbereichen auf Zeit wird weiter wachsen. Erfahrene Kommunikationsprofis finden hier ein attraktives Aufgabenfeld. Allerdings müssen Unternehmen wie auch Kommunikationsmanager einiges berücksichtigen, damit Interim Mandate in Kommunikationsfunktionen optimal verlaufen. „PR-Journal“-Autor Wolfgang Griepentrog arbeitet seit mehr als zehn Jahren im Interim Management. Im Interview mit dem „PR-Journal“ berichtet er über persönliche Erfahrungen und gibt Anregungen für die Praxis.

PR-Journal: Herr Griepentrog, welche Bedeutung haben Interim Manager für die Kommunikationsbranche?
Wolfgang Griepentrog: Unternehmen müssen sich heute auch im Kommunikationsmanagement zukunftsorientiert aufstellen und bei Engpässen oder in kritischen Situationen leistungsfähig bleiben. Für Interim Manager gibt es zwei Einsatzbereiche, Führung und Management auf Zeit bei Vakanzen und die Umsetzung oder Begleitung von großen, unternehmensrelevanten Projekten. In beiden Fällen erfüllen Interim Manager eine wichtige Funktion: zur Vermeidung eines Kommunikations- und Führungslochs und zur Kompetenzsicherung. Kurz gesagt: Interim Manager stellen die Leistungsfähigkeit im Kommunikations- und Projektmanagement sicher durch Führung und spezielles Know-how.

PR-Journal: Ist das Interim Management in der Unternehmenskommunikation noch ein Geheimtipp oder schon ein Trend?
Griepentrog: Der gesamte Interim-Markt ist über Jahre hin kontinuierlich gewachsen und heute mit einem Honorarvolumen von rund 1,5 Milliarden Euro (bezogen auf leitende Positionen) ein etablierter Wirtschaftsbereich. Reine Kommunikationsjobs haben bislang einen geringen Anteil, aber eine hohe strategische Bedeutung, vor allem in kritischen Phasen.

PR-Journal: Sie sind als Interim Profi oft im Change Management aktiv. Welchen Beitrag können Sie da konkret leisten?
Griepentrog: Die kommunikative Steuerung und Begleitung von komplexen Veränderungsprozessen ist ein Thema, das viele Unternehmen beschäftigt. Der beste Projektplan und alle aufwändigen Vorbereitungen nützen wenig, wenn die betroffenen Personengruppen – Mitarbeiter, Führungskräfte, aber auch externe Stakeholder – die Ziele, Anforderungen und konkreten Schritte nicht verstehen, akzeptieren und unterstützen. Man muss also Transparenz auf allen Ebenen, Vertrauen und ein gemeinsames Verständnis des Changes sicherstellen und die Menschen in die Lage versetzen, das, was von ihnen erwartet wird, auch umzusetzen. Man muss die Projektanforderungen mit allen Chancen und Risiken im Zusammenspiel mit den Erwartungen, Interessen und möglicherweise Ängsten der Menschen innerhalb und außerhalb des Unternehmens betrachten und auf der Basis auch die Kommunikationsstrategie planen. Es geht nicht nur um Kommunikationsmaßnahmen, sondern um Gespräche, Moderation, Entwicklung und Befähigung, damit die Ziele des Change-Prozesses erreicht und Zeit- und Budgetvorgaben sowie Qualitätsstandards eingehalten werden.

PR-Journal: Was unterscheidet Interim Manager von fest angestellten Führungskräften und von externen Beratern?
Griepentrog: Der große Vorteil und gleichzeitig das Faszinierende am Interim Management ist, dass es die Vorteile beider Rollen verbindet: Interim Manager sind operativ viel tiefer in Unternehmensprozesse und in die Unternehmenspolitik eingebunden als externe Dienstleister, haben aber gleichzeitig die notwendige kritische Distanz und den ganzheitlichen Blick, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Im Gegensatz zu Agenturen und Beratungen haben sie einen Führungsauftrag, den sie ganz im Interesse des Unternehmens, also ohne weitere Akquiseinteressen ausüben. Und im Vergleich zu fest angestellten Managern sind sie flexibler, kurzfristig einsatzfähig und frei von internen Macht- und Positionierungszwängen.

PR-Journal: Auf welcher Basis erfolgt die Zusammenarbeit und was sollte man im Vorfeld berücksichtigen?
Griepentrog: Wichtig ist, dass die Erwartungen an das spezifische Interim Mandat klar definiert sind. Beide Seiten, Unternehmen und Interim Manager, müssen vorab prüfen, wie gut das Managerprofil zur Aufgabe und zur Teamkonstellation passt. Da geht es nicht nur um Kompetenzen und Erfahrungen, sondern vor allem um die Persönlichkeit. Das ist wichtig, weil Interim Mandate im Kommunikationsbereich meistens hochsensibel sind. Gerade wenn Vakanzen bei personellen Veränderungen in der Kommunikationsleitung überbrückt werden, ist das mit Unsicherheiten im Team verbunden, die die Kommunikationsfähigkeit beeinträchtigen können.

PR-Journal: Was würden Sie denn raten: Sollten sich mehr Kommunikationsmanager als Interim Profis betätigen?
Griepentrog: Für die Kommunikationsbranche und für die Unternehmen wäre das gut und das Potenzial an erfahrenen Kommunikationsmanagern, die diesen Markt für sich entdecken können, ist definitiv vorhanden. Ich kenne etliche Kolleginnen und Kollegen mit ähnlichem Profil, mit einer entsprechenden Haltung und unternehmerischem Spirit, die attraktive Mandate übernehmen könnten. Sie bringen außer ihrer Erfahrung eines mit, das viele Unternehmen auch in der Kommunikation bald schmerzlich vermissen werden, weil es jüngeren Kollegen oft fehlt: strategische Kompetenz und ein ganzheitliches Verständnis.

Teil 2 des Interviews folgt am 18. November 2016.

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