Agenturen PR-Journal-Interview mit Birgit Krüger: Agenturen bieten Trainees mehr als die GPRA-Standards

Krueger Birgit Gf ConsenseSeit Ende vergangenen Jahres gelten für die 36 Mitgliedsagenturen der Gesellschaft PR- und Kommunikationsagenturen in Deutschland (GPRA) Standards für die Ausbildung ihrer Trainees. Birgit Krüger (Foto), Präsidiumsmitglied und Ausbildungsbeauftragte der GPRA sowie Geschäftsführerin der Münchner Agentur Consense Communications, hatte sich selbst sehr für die Einführung dieser Standards eingesetzt. Im „PR-Journal“-Interview berichtet sie über die Resonanz der Agenturszene.
PR-Journal: Frau Krüger, die Mindeststandards für Trainees in GPRA-Mitgliedsagenturen gibt es seit fast einem Jahr. Wie sind die ersten Erfahrungen?
Birgit Krüger: Mir ist es wichtig zu betonen, dass es sich um Mindeststandards handelt, die für alle GPRA-Agenturen gelten. Die Agenturen sind natürlich frei, über die Standards hinauszugehen und diese flexibel zu gestalten. Sie sind der kleinste gemeinsame Nenner.

Krüger weiter: Meine Erfahrung ist, dass die GPRA-Agenturen ihren Trainees heute deutlich mehr bieten und auch bieten müssen als das, was wir vereinbart haben. Das gilt für die häufig kritisierte Vergütung von 1.600 Euro brutto genauso wie für Traineedauer und -Inhalte. In unserer Agentur steigen zum Beispiel alle Trainees mit einem Gehalt von 1.800 Euro ein. Was danach kommt, ist Verhandlungssache. Die Dauer der Ausbildung machen wir, wie zahlreiche andere Agenturen auch, von der Erfahrung des Bewerbers abhängig – beispielsweise vom Vorliegen eines Bachelors oder Masters.

PR-Journal: Was konkret haben die Mindeststandards bewirkt?
Krüger: Sie haben zu einer sehr guten und lebhaften Diskussion in der ganzen Branche geführt und damit das Bewusstsein für die Situation von Agentur-Einsteigern deutlich verbessert. Nach meiner Beobachtung gehen die Kollegen heute besser mit dem Nachwuchs um. Dazu haben die Mindeststandards einen wichtigen Beitrag geleistet. Die GPRA-Mitglieder sind sich einig, dass die Ausbildung des PR-Nachwuchses eine vergleichbare Qualität haben muss. Wir sind zwar einerseits Wettbewerber im ‚War for Talents‘. Unsere Hauptkonkurrenten sind aber Start-ups, Unternehmensberatungen und Unternehmen. Deshalb brauchen wir vernünftige Bedingungen bereits in der Ausbildung und arbeiten gemeinsam daran, unser Arbeitgeberimage zu verbessern.

PR-Journal: Die Vergütung von 1.600 Euro brutto wird häufig kritisiert. Inwieweit gibt es hier eine positive Entwicklung?
Krüger: Besonders in der ersten Zeit habe ich viel mit Kollegen, Studenten und Hochschulprofessoren darüber diskutiert – mit stets dem gleichen Ergebnis: Bei dieser Bezahlungsdiskussion geht es eigentlich um das Thema Wertschätzung. Die jungen Leute haben sich reingehängt, im Ausland studiert und viele Praktika gemacht. Nach so einer Plackerei würde ich auch nicht hören wollen, dass ich nichts kann und deshalb nicht viel Geld bekomme, selbst wenn mir klar ist, dass ich noch einiges lernen muss, um in diesem Beruf selbstständig zu arbeiten.
Auch wenn viel geschimpft wird: Agenturjobs sind weiter für Einsteiger attraktiv – eben weil man dort viel lernt und die Aufgaben vielfältiger sind als bei den meisten Unternehmen. Wir investieren ausgiebig in unseren Nachwuchs. Manche Agenturen kooperieren mit Universitäten oder privaten Akademien und stellen die Trainees dafür mehrere Tage im Monat ab. Andere zahlen Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr oder leisten Wohnungszuschüsse. Wir bei Consense finanzieren unseren Trainees parallel zum Job eine wissenschaftliche, praxisnahe und nicht ganz günstige Ausbildung an der Deutschen Presseakademie. Das alles kostet Geld, das zwar nicht auf dem Konto des Trainees landet, ihm aber direkt zugutekommt.

PR-Journal: Haben die Standards auch eine Signalwirkung für die Nicht-Mitglieder der GPRA?
Krüger: Ja. Einige haben uns gefragt, ob sie sie übernehmen dürfen. Bei Studenten und Bewerbern haben die Diskussionen der letzten Jahre dazu geführt, dass die GPRA-Agenturen deutlich bekannter wurden. Die Vorgaben sind ein Qualitätssiegel und haben auch auf Nicht-Mitglieder den Druck erhöht, in der Nachwuchsausbildung mehr zu bieten. Nur ist die Existenz von Standards für Trainees nicht die einzige Messgröße für eine gute Ausbildung. Viel entscheidender sind die tägliche Arbeit, das Verhalten von Vorgesetzten, die Einbindung in die Projekte, Entwicklungsmöglichkeiten und die Übernahme von Verantwortung. Und was ich an dieser Stelle auch mal loswerden muss: Es nervt mich sehr, dass wir für einzelne schwarze Schafe, die es in der Branche noch gibt, immer in Sippenhaft genommen werden.

PR-Journal: Können alle Agenturen der GPRA die inhaltliche Qualität gewährleisten, die die Standards einfordern? Nicht jede Agentur betreibt Blogger-Relations, realisiert audiovisuelle Projekte oder integrierte Kampagnen.
Krüger: Auch kleinere Agenturen decken längst die gesamte Bandbreite der Kommunikation mit PR, Event und Social Media ab. Da mag es zeitlich bedingt und je nach Kunde Schwerpunkte geben, was die Traineezeit eines einzelnen beeinflusst. Aber grundsätzlich ist die Vielfalt an potenziellen Aufgaben enorm – deutlich größer als in den meisten Unternehmen übrigens, wo man sehr spezialisiert arbeitet. Eine bessere PR-Ausbildung als in Agenturen gibt es nicht.

PR-Journal: Haben die Agenturen Schwierigkeiten, Trainees zu finden?
Krüger: Nein, da sind sich alle Kollegen aus dem HR-Kreis der GPRA einig. Die Zahl der Bewerber ist groß, aber es müssen eben auch die richtigen Leute sein. Denn machen wir uns nichts vor: Nicht jeder ist für die Anforderungen geeignet, die eine Agentur stellt. Auf passende Agenturpersönlichkeiten zielt deshalb auch die Employer-Branding-Kampagne ab, die wir im Moment zusammen mit anderen Agenturverbänden vorbereiten. Unser eigentliches Recruiting-Problem beginnt bei Beratern.

PR-Journal: Wie steht es um die Qualität der Bewerber?
Krüger: Ich kenne das Gejammer, die Qualität sei schlecht. Ich kann das nicht bestätigen. Bei uns konnte noch jeder Trainee vernünftig lesen und schreiben. Manchmal wundern wir uns allerdings, wie sich überzogene Erwartungshaltung mit überhöhter Selbstüberschätzung paart.

PR-Journal: Frau Krüger, vielen Dank für das Gespräch.