Rezensionen Rezension: Public Frustration – Abrechnung mit der PR-Branche

Cover Public Frustration JanssenEin Manuskript der anderen Art liegt mir aktuell vor: „Public Frustration. Über Leben in der PR“ von Erik Janssen. Der in Wirklichkeit eigentlich gar nicht Erik Janssen heißt, aber wirklich frustriert ist. Der Reihe nach. Janssen schreibt sich in seinem Buch viel von der Seele: Den eigenen Kummer, den bekümmerter Kollegen und den enttäuschter PR-Schaffender, die ihren Frust auf Plattformen wie kununu Kund tun. Ist die PR-Branche so viel mehr Schein als Sein?

Autor Janssen hat selbst Karriere in der PR gemacht – zunächst auf Unternehmensseite, später in diversen Agenturen. Und ich bekomme beim Lesen den Eindruck, dass es ihm wirklich schlecht ergangen ist dabei. Vom Regen in die Traufe, nicht nur einmal. Dabei verfinstert sich sein Blick auf den Berufszweig. Vom Idealismus des Berufsanfängers ist nichts, wirklich nichts mehr übrig. Das macht das Lesen in der Tat sehr unterhaltsam – Drama und große Emotionen – dazu noch salopp zu Papier gebracht. Witziges Stilmittel sind die „Typischen Typen“: People-Portraits vom abgehobenen und realitätsfernen Agentur-Chef über den ausgebrannten und resignierenden Senior-Berater hin zum geltungssüchtigen und abgestumpften Kunden.

Janssen prangert an: Die Branche bläst sich unnötig auf („Schafe im Wolfspelz“), verheizt ihren Nachwuchs mit dumpfen, kräftezehrenden und perspektivlosen Anfangsjahren, verlangt von Mitarbeitern in Agenturen und Unternehmen moralische Biegsamkeit und selbst die viel gehypten Sommerpartys seien mehr Krampf als Kracher. Und so weiter, und so weiter. Sein fatalistisches Fazit zur Zukunft der Agenturbranche im Allgemeinen:

„Sie wird es nicht mehr lange machen. In spätestens fünf Jahren wird die letzte Public-Frustration-Agentur ihre Türen für immer schließen. Das wird die Welt ein kleines bisschen besser machen.“

Was sich mir nicht erschließt, ist die Absicht des Autors. Ich möchte mehr als reines Von-der-Seele-Schreiben vermuten. Dafür ist es jedoch zu überspitzt, zu beißend. Nach eigenen Angaben hat Janssen selbst (nur) sieben Jahre in der PR gearbeitet. Dass er in dieser Zeit – auch mit guter Recherche – nicht das Gros der Branche in ein und dieselbe Schublade stecken kann, ist klar. Nicht umsonst nutzt er ein Pseudonym. Man sieht sich immer zweimal. Was also bezweckt er dann? Provokation für den großen Aufschrei?

Wenn das sein Ziel war, so muss ich ehrlich sagen: bei mir funktioniert es null. Für meinen Geschmack sind es zu viele Klischees, zu krasse Stereotypen – das provoziert oftmals vor allem eins: Augenrollen. Die gönnerhafte Schreibe unterstreicht das leider nur noch. Zu Recht beschreibt das Buch Missstände wie die Tatsache, dass in vielen Agenturen keine vernünftigen Ausbildungspläne für Volontäre existieren oder dass mancherorts Chefs ihre Profilneurosen auf dem Rücken ihrer Mitarbeiter austragen. Aber eine sachliche Diskussion will und kann derartige Polemik nicht anstoßen:

„Sicher ist es so, dass Public-Frustration-Agenturen ihre Kunden verarschen. Sie versprechen viel und erreichen am Ende nichts Nennenswertes. Aber bis das irgendjemandem auffällt, hat die Agentur schon ein Dutzend Rechnungen geschrieben. Die Kunden, bei denen das klappt, schreien auch geradezu danach, für dumm verkauft zu werden.“

Ein so persönliches Buch verdient ein persönliches Fazit: Vielleicht hatte ich einfach Glück. Ich selbst habe knapp zehn Jahre in der PR gearbeitet. In Unternehmen und Agenturen – der klassische Weg. Ja, ich habe Verteiler-Listen gepflegt, Pressemeldungen mit zweifelhaftem News-Wert verfasst und Überstunden geschoben. Die Welt gerettet habe ich nicht. Aber ich habe auch Konzepte mit Sinn erstellt. Ich habe transparente Blogger-Kooperationen betreut. Konnte Kunden inspirieren. Und ich habe viele richtig gute Sommerfeste gefeiert. Ich hoffe also, dass dieses Buch der Branche keinen Bärendienst erweist.

Das Buch „Public Frustration. Über Leben in der PR“ ist für 3,99 Euro bei Amazon in der Kindle-Edition erhältlich. Wer es auf einem alternativen Endgerät lesen möchte, lädt dazu die kostenfreie Kindle-App herunter und kann es als E-Book kaufen.

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