Norbert Minwegen

Wenn alles nach Plan verläuft, wird das Team um Norbert Minwegen am 22. Juni bei der Mitgliederversammlung der Deutschen Public Relations Gesellschaft (DPRG) in Gelsenkirchen erneut für drei Jahre gewählt. Es wäre seine zweite Amtszeit an der Spitze des Berufsverbandes der PR-Leute in Deutschland. Anlass genug, eine (Zwischen-)Bilanz zu ziehen. Was hat Minwegen mit seinen ehrenamtlichen Mitstreitern bisher erreicht? Welche Relevanz hat die DPRG als Berufsverband heute? Das „PR-Journal“ hat mit Norbert Minwegen gesprochen.

PR-Journal: Herr Minwegen, haben Sie es bereut, sich zum DPRG-Präsidenten wählen zu lassen?
Minwegen: Nein, mir ist aber schnell klar geworden, dass man die Vielfalt der Aufgaben nur im Team bewältigen kann, nicht allein. Wir haben uns von Beginn an drei Jahre Zeit gegeben, den Turnaround zu schaffen. Denn ehrenamtliche Dinge dauern länger, Prozesse laufen langsamer ab als im beruflichen Umfeld. Besonders im Ehrenamt – für einen bundesweit handelnden Berufsverband – braucht man ein verlässliches Miteinander, was sich nach der Wahl im Sommer 2014 erst finden musste. Hier sind wir sehr stolz und zufrieden: Kritisch und zielführend in der Sache, wertschätzend und kollegial im Miteinander.

Compliance

PR-Journal: Wie haben Sie die DPRG 2014 vorgefunden? Was waren die schwierigsten Aufgaben am Anfang?
Minwegen: In einzelnen Arbeitskreisen haben wir gleich zu Beginn unserer Amtszeit festgestellt, dass wir keine funktionierenden Compliance-Regeln hatten. Ein kleines Problem, mit großen Auswirkungen. Zwei Menschen aus konkurrierenden Unternehmen konnten nicht in ein und demselben Arbeitskreis sitzen. Wir haben dann drei bis vier Monate gebraucht, um ein entsprechendes Regelwerk aufzusetzen. Für unsere Strukturen war das eine Herkulesaufgabe.

PR-Journal: Warum war das so schwierig?
Minwegen: Weil wir dazu alle Verträge prüfen und Datenschutz- und Verschwiegenheitserklärungen überarbeiten mussten. Das waren die Basics, die wir unmittelbar angegangen sind. Zuvor gab es eine gelebte Praxis, die funktionierte, aber den neuen beruflichen Anforderungen nicht mehr genügte.

Quantität, Qualität und Struktur

PR-Journal: Ok. Das waren die Basics. Aber Sie sind doch als DPRG-Präsident angetreten, weil Sie grundsätzlich etwas verändern wollten. In Ihrer Antrittsrede 2014 sagten Sie, sie wollten die DPRG fit machen für eine erfolgreiche Zukunft des PR-Berufsstands. Außerdem wollten Sie verbandsintern Landesgruppen und Arbeitskreise stärken, die Mitgliederservices intensivieren, die Aufgaben der Geschäftsstelle neu ausrichten und ein strategisches Kommunikationskonzept für den Verband sowie Partnerschaften, zum Beispiel mit Hochschulen, ausbauen.
Minwegen: Das haben wir alles angepackt. Wir waren in drei Bereichen aktiv: Quantität, Qualität und Struktur. Beim Thema Quantität geht es darum, wie uns die Branche wahrnimmt. Bei der Qualität haben wir ein Serviceversprechen als Verband abgegeben und die Strukturen haben wir so verändert, dass sie der ehrenamtlichen Arbeit gerecht werden.

PR-Journal: Das müssen Sie erläutern. Fangen wir mit dem ersten Thema an, dass Sie Quantität genannt haben. Was meinten Sie damit und was haben Sie erreicht?
Minwegen: Wir wollten eine höhere Frequenz an Sichtbarkeit erreichen. Mehr Veranstaltungen, mehr Treffen und Kooperationen. Für die Arbeitskreise haben wir ein aktiveres Patensystem geschaffen, die generelle Themenauswahl haben wir überarbeitet und neue Veranstaltungsformate entwickelt. Zuvor hatten wir uns zu wenig um Inhalte gekümmert. Daher haben wir das Zukunftsforum im Format Barcamp neu entwickelt. Auch die Regionalgruppen wurden animiert, damit sie sich häufiger treffen. Die gedruckte Fassung des „DPRG-Journals“ sowie „DPRG-Journal-online“ gab es vorher nicht. Damit haben wir eine verbesserte Visibilität innerhalb der gesamten PR-Branche erzielt. Und das Extranet ist neu, mit dem wir uns untereinander im Ehrenamt steuern. Aber da ist noch Luft nach oben.

Zukunftsforum

PR-Journal: Kommen wir zum Thema Qualität – sicher der wichtigste Bereich, oder?
Minwegen: Über Compliance hatte ich bereits gesprochen. Und da uns noch soviele Veröffentlichungen nicht helfen, wenn keine echten Inhalte dahinterstehen, haben wir neue Formate definiert. Das Zukunftsforum spielt da eine wichtige Rolle – wie schon erwähnt. An der Hochschule in Gelsenkirchen sprechen wir unter anderem über das Rollenbild von Kommunikatoren, die digitale Transformation und auch handwerkliche PR-Themen. Wir haben bemerkt, dass Diskussion, Austausch und gute Referenten hier viel bewirken. So ist es uns gelungen, ein Vertrauensdepot bei Mitgliedern und in der Branche aufzubauen. Wir haben beim Zukunftsforum und in den Arbeitskreisen eine Ebene geschaffen für den Austausch zwischen Jung und Alt, weniger Erfahrenen und Erfahrenen. Das Prinzip dabei ist, dass DPRG-Mitglieder von anderen Verbandsmitgliedern ‚aufgeschlaut‘ werden.

PR-Journal: Bahnbrechend innovativ hört sich das jetzt nicht an?
Minwegen: Ist aber belastbar. Wir können aber nun unseren Mehrwert, den wir als Verband für unsere Mitglieder haben, besser begründen. Auch die Mitarbeit in den Arbeitskreisen wird dadurch verstärkt als Fortbildung wahrgenommen. Allein diese veränderte Sichtweise, weg vom netten Austausch, hin zur beruflichen Fortbildung erleichtert unseren Mitgliedern die Argumentation gegenüber ihren Unternehmen, warum die vom Arbeitgeber zu zahlenden Mitgliedsbeiträge gut investiert sind. Und noch einige weitere Punkte: Wir haben den Internationalen deutschen PR-Preis neu aufgesetzt, die PR-Touren ins Leben gerufen und Juniorenarbeit verstärkt. Da wächst jetzt einiges zusammen, was in Summe durchaus für eine innovative Branche spricht.

Operatives Aufgabenverständnis

PR-Journal: Was haben sie strukturell verändert?
Minwegen: Wenn Sie so wollen, ist es auch eine strukturelle Frage, dass der Bundesvorstand sich wenig mit sich selbst beschäftigt. Dieser gegenüber Verbänden gerne erhobene Vorwurf trifft bei uns nicht zu. Stattdessen haben alle Vorstandsmitglieder ein operatives Aufgabenverständnis. Sie alle sind Kümmerer für Verbandsbelange, Treiber von PR und greifbare Ansprechpartner für die Branche – ein tolles Team hat sich da in den drei Jahren gefunden. Hinzu kommt, dass wir unsere Geschäftsstelle umorganisiert und in Berlin neue Strukturen und Erreichbarkeiten geschaffen haben. Die digitalen Systeme sind neu, so dass wir Karteileichen und Nicht-Zahler identifizieren konnten. In Zusammenarbeit mit dem Oberauer-Verlag sind wir unterm Strich für unsere Mitglieder serviceorientierter geworden und für uns effizienter.

PR-Journal: Was bleibt da noch für die nächsten drei Jahre zu tun?
Minwegen: Noch eine ganze Menge! Zwar sind wir als Team im Vorstand stolz darauf, Vieles zum Leben erweckt zu haben, doch wir wollen auch strukturieren und stabilisieren. Nehmen wir nur einmal das Thema Professionalisierung des Berufsbildes. Unser Beruf befindet sich in einem vielfältigen Wandel, doch das Trendthema Digitalisierung umfasst auch andere Berufssparten. Wir haben jetzt unseren Berufsstand stärker auszugestalten und wir wollen dabei Innovationstreiber sein. Es bleiben aber auch Fragen, wie wir künftig mit Journalisten und deren geändertem Umfeld umgehen oder wie wir uns zum Thema Bots positionieren. Das Wichtigste aber ist, dass die Relevanz der DPRG wieder steigen soll. Wir wollen eine inhaltliche Beteiligung an Branchendiskussionen erreichen.

PR-Journal: Wir danken Ihnen für das Gespräch, Herr Minwegen.

DPRG: Der Berufsverband der PR-Leute, die Deutsche Gesellschaft für Public Relations hat aktuell 2.200 Mitglieder. 118 neue Mitglieder wurden im Jahr 2016 gewonnen, in diesem Jahr bisher schon 207.

Norbert Minwegen (48) ist seit Juni 2014 gewählter Präsident der Deutschen Public Relations Gesellschaft DPRG. Dieses Ehrenamt übt er neben seinem Hauptberuf als Leiter der Unternehmenskommunikation und Werbung der Sparkasse KölnBonn aus.


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