Liedtke Arnd KomChef TchiboBurrack Heiko FotoWie kann es eine Agentur von der Longlist in den finalen Pitch schaffen und den Kunden letztendlich gewinnen? Über diesen Themenkomplex habe ich mich im Rahmen meiner Interviews zum Thema Neugeschäft mit Arnd Liedtke (Foto r.) unterhalten, der bei Tchibo in Hamburg als Director Corporate Communication tätig ist. Er ist bei der Vorauswahl der für sein Unternehmen in Frage kommenden Agenturen einen ungewöhnlichen Weg gegangen. Liedtke besuchte acht Agenturen, um sich vor Ort ein Bild machen zu können. Ein authentischer Eindruck war ihm wichtig. Anschließend folgte ein klassischer Pitch. Lesen Sie, was am Ende den Ausschlag gegeben hat.

Liedtke berichtete, dass er bei seiner letzten Agentursuche im ersten Schritt eine Longlist von ungefähr einem Dutzend Agenturen recherchiert hat. Diese Unternehmen kamen aufgrund der Größe und anderer Kriterien für ihn potenziell als Partner in Frage. Mit diesen hat er dann telefonisch oder schriftlich Kontakt aufgenommen. „Von diesen zwölf Agenturen haben mir einige abgesagt, zum Beispiel weil sie aus Wettbewerbsgründen für uns nicht arbeiten konnten. Mit acht Agenturen habe ich dann Gespräche geführt, wobei ich sie persönlich besucht habe. Dies war zwar zeitaufwändig, aber eine lohnende Investition, weil ich ein besseres Gefühl für die potenziellen Partner bekommen habe.“

Die Option, sich als Entscheider persönlich auf den Weg zu allen Agenturen der Longlist zu machen, um diese dort kennenzulernen, ist sicherlich mit einem hohen Aufwand verbunden. Viel einfacher ist es natürlich, wenn man sich eine Abordnung in die eigenen Räume bestellt. So kann man aber keinen authentischen Eindruck bekommen. Den erhält man nur, wenn man sieht, wie und wo die Menschen arbeiten.

Ungewöhnlich auch Liedtkes Anforderung an seine Gesprächspartner: Er wollte bei seinen Besuchen keine Agenturpräsentation sehen. „Mir war es wichtig, die Menschen kennenzulernen. Ich wollte wissen, ob die Arbeitsweise und die -einstellung zu unserem Hause passt. Dies findet man aber nicht heraus, wenn sich eine Agenturpräsentation zeigen lässt. Man muss erfragen, wie die Menschen arbeiten, denken und handeln. Am Ende des Tages ist es natürlich ein Bauchgefühl; nämlich, ob man diesen Menschen vertraut und mit ihnen arbeiten will.“

Im nächsten Schritt wurden diese acht Agenturen auf fünf reduziert, die man dann zu einem klassischen Pitch eingeladen hat. Damit wurde auch das Team der Entscheider von Tchibo erweitert; auch die Kollegen aus dem Tagesgeschäft und der Zentraleinkauf wurden aktiv einbezogen. Auf der anderen Seite wollte man natürlich auch die Mitarbeiter der Agenturen näher kennenlernen; dies betraf die Kollegen, die auch später im Tagesgeschäft tätig sein würden. „Wir haben den Agenturen eindeutig gesagt, dass wir nicht nur die Geschäftsführer treffen wollen. Uns waren deren Mitarbeiter genauso wichtig.“

Im Rahmen des Pitches galt es nun für die Agenturen, eine konkrete Aufgabe zu bearbeiten. „Und hat dabei interessiert, wie sowohl die kreative Lösung als auch die Umsetzung aussehen. Bei dem erstgenannten Aspekt lagen so gut wie alle Vorschläge dicht beieinander. Spannend wurde es bei der Umsetzung. Hier konnten gerade unsere erfahrenen Mitarbeiter durch einige wenige Nachfragen herausfinden, ob sich die vorgeschlagenen Ideen auch realisieren lassen.“ Der Aspekt, dass die kreativen Leistungen sich bezüglich deren Qualität nicht grundlegend unterscheiden, ist eher etwas neueren Datums. Bei immer mehr Unternehmen wird es wichtiger, dass diese sich auch sicher umsetzen lassen. Dass eben die Mitarbeiter die Fähigkeit und die zeitlichen Möglichkeiten haben, die angedachten Ideen auch wirklich auf die Straße zu bringen. Diese operativen Umsetzungsfähigkeiten scheinen im Moment bei Kunden eine hohe Bedeutung zu haben.

Über den Autor: Heiko Burrack, arbeitete in der Kundenberatung verschiedener Agenturen (Dorfer Dialog, McCann-Erickson). Im Jahr 2003 gründete er Burrack NB-Advice. Diese berät Agenturen und Unternehmen, die ihre Kernleistung im Marketingbereich haben, bei der strategischen und operativen Neukundengewinnung. Neben dieser Tätigkeit ist Burrack als Referent, Trainer, Coach und Autor tätig.


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