Franz Markus GfSucomo breitWikipedia ist für ihr kompliziertes Regelwerk bekannt, das PR-Managern die Mitarbeit nicht gerade einfach macht. Noch schwieriger wird es, wenn der Artikel des eigenen Unternehmens oder Verbandes nicht nur in Deutsch, sondern auch in Englisch bearbeitet werden soll. Jede Sprachversion hat ihre eigenen Richtlinien, was etwa den Umgang mit Interessenkonflikten betrifft. Das „PR-Journal“ hilft Ihnen, die größten Fettnäpfchen zu vermeiden.

Der vorliegende Beitrag von Markus Franz (Foto) ist der fünfte Teil einer Serie über Öffentlichkeitsarbeit in Wikipedia.

Name des Benutzerkontos

Weltweit einheitlich ist die Pflicht, Interessenkonflikte offenzulegen. Das heißt im Klartext: Wann immer ein PR-Manager für seinen Arbeit- oder Auftraggeber in Wikipedia tätig wird, muss er dies klar und deutlich kennzeichnen. In der deutschsprachigen Wikipedia geschieht das üblicherweise in Form eines Kontos, dessen Benutzername dem Firmennamen gleicht – also etwa „ADAC Presse “ für den bekannten Automobilverband.

In der englischsprachigen Wikipedia sind dagegen solche Benutzernamen verboten, die nur den Unternehmensnamen und allenfalls noch eine Abteilung beinhalten. Der Account darf nicht auf eine Gruppe, sondern immer nur eine einzige Person hinweisen. Üblicherweise wählt man dort also statt „ADAC Presse“ beispielsweise „Hans Meier at ADAC“. Alternativ kann man auch ein Pseudonym verwenden und seinen Arbeitgeber erst auf der eigenen Profilseite angeben, was in der deutschsprachigen Wikipedia verpönt ist.

Aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen, die Wikipedia schon an den Benutzernamen stellt, empfiehlt es sich, die Konten für beide Sprachversionen strikt zu trennen. Damit wird auch das Risiko minimiert, dass falsche Beiträge die Arbeit in einer anderen Ausgabe beeinträchtigen – etwa durch globale Benutzersperren. Bilder, die auf Wikimedia Commons hochgeladen werden, können sprachübergreifend von jedem beliebigen Konto verwendet werden.

Benutzerverifizierung

In der deutschsprachigen Wikipedia muss jedes Wikipedia-Konto von Unternehmen und Verbänden offiziell bestätigt werden. Die sogenannte Benutzerverifizierung stellt sicher, dass sich niemand missbräuchlich als Vertreter eines Dritten ausgibt. Eine kurze E-Mail an das Support-Team von Wikipedia genügt, um diese Bestätigung abzuschließen. In der englischsprachigen Wikipedia existiert kein vergleichbares Verfahren. Stattdessen erwartet die Community, dass alle wichtigen Informationen – also etwa der Name des Arbeitgebers – auf der Profilseite zu finden sind.

Die Angabe von Weblinks, E-Mail-Adressen oder Telefonnummern schafft Vertrauen in der englischsprachigen Community. Im deutschsprachigen Raum ist das eher unüblich. Hier werden Weblinks auf der eigenen Profilseite mitunter sogar als Spam ausgelegt.

Relevanzkriterien

Die deutschsprachige Wikipedia hat nach wie vor viel strengere Relevanzkriterien als ihr englischsprachiges Pendant. Hierzulande müssen Unternehmen mindestens 100 Millionen Euro Umsatz oder 1.000 Mitarbeiter nachweisen, um einen Eintrag in der Online-Enzyklopädie zu erhalten. Allenfalls für börsennotierte, marktbeherrschende oder besonders innovative Unternehmen gibt es Ausnahmen. Verbände und andere Organisationen müssen mindestens eine anhaltende mediale Rezeption nachweisen, um auch nur ansatzweise eine Chance zu haben.

In der englischsprachigen Wikipedia haben dagegen auch Start-ups eine Chance. Feste quantitative Kriterien wie im deutschsprachigen Raum gibt es dort nicht. Stattdessen wird viel stärker auf die Qualität eines Artikels geachtet – also insbesondere zuverlässige und ordentlich formatierte Quellen. Das führt dazu, dass der klassische Hidden Champion eher dort eine Chance hat, als in der deutschsprachigen Ausgabe der Enzyklopädie.

In beiden Sprachversionen gibt es Seiten, auf denen man im Zweifel die Relevanz überprüfen kann: In der deutschsprachigen Wikipedia heißt das Angebot „Relevanzcheck“, in der englischsprachigen Ausgabe „Articles for Creation Helpdesk“. Wer dort vor unüberlegten Aktionen freundlich nachfragt, ob sein Arbeitgeber relevant ist, sammelt wertvolle Pluspunkte bei der Community. Das ist insbesondere hilfreich, wenn nach der Veröffentlichung eines neuen Artikels wider Erwarten von Dritten doch noch ein Löschantrag gestellt wird.

Diskussionsseiten

Wer einen bestehenden Wikipedia-Artikel ändern will, darf in der deutschsprachigen Ausgabe selbst Hand an die betroffene Seite legen – das ist allgemein akzeptiert. Beiträge, die neutral geschrieben und mit zuverlässigen Quellen belegt sind, werden mit großer Wahrscheinlichkeit von der Community durchgewunken. In der englischsprachigen Wikipedia vertreten viele Benutzer dagegen die Meinung, PR-Manager sollten sich ausschließlich auf Diskussionsseiten beschränkten – die sogenannte „bright line“ von Wikipedia-Gründer Jimmy Wales.

Ein offizielles Verbot, englischsprachige Artikel direkt zu bearbeiten, gibt es dort zwar nicht. Außerdem lässt sich mit einem Blick in die Versionsgeschichte meist abschätzen, ob mehr Befürworter oder Gegner der „bright line“ an einem Artikel beteiligt sind, um das eigene Verhalten entsprechend anzupassen. Im Zweifel ist die Diskussionsseite in der englischsprachigen Wikipedia jedoch trotzdem stärker zu bevorzugen als im deutschsprachigen Raum.

Der sogenannte „Request Edit Wizard“ hilft, Vorschläge für Korrekturen in der richtigen Form und auf der richtigen Diskussionsseite zu platzieren. Im deutschsprachigen Raum existiert ein entsprechendes Werkzeug nicht – erste Anlaufstelle ist hierzulande immer die Diskussionsseite eines Artikels. Vorschläge, die sich direkt auf Änderungen an einem bestimmten Artikel beziehen, sollten in beiden Sprachen stets auf den Artikel- und nicht von den Benutzer-Diskussionsseiten einzelner Autoren vorgebracht werden.

Über den Autor: Markus Franz ist Geschäftsführer von Sucomo Consulting, einer auf Wikipedia spezialisierten Agentur mit Sitz in Jena. Er ist mit seinem Team in der deutsch-, englisch-, französisch- und spanischsprachigen Ausgabe aktiv. Außerdem schreibt er seit vielen Jahren auch privat für die freie Enzyklopädie.


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