Engelien Bernd O KomChef Zurich VersBurrack Heiko FotoIn dieser Serie soll die Frage im Mittelpunkt stehen, was PR-Agenturen beim Thema New Business gut machen und wo sie sich verbessern können. Für die heutige Folge habe ich mit Bernd Engelien (Foto r.) gesprochen, Leiter der Unternehmenskommunikation bei der Zurich Versicherung in Bonn. Von ihm wollte ich vor allem wissen, wie Unternehmen sich Agenturen für die Spezialdisziplin Krisenkommunikation aussuchen. Gleich zu Beginn stellte Engelien klar, dass sein Unternehmen Agenturen nur selten beauftragt: „Vorab sei erwähnt, dass wir nicht mit vielen Agenturen zusammenarbeiten. Wir kooperieren projektbezogen, zum Beispiel beim Mitarbeitermagazin. Anderes lösen wir intern. Und beim Thema Krisenkommunikation sind wir in der glücklichen Lage, nur selten mit den Auslösern konfrontiert zu werden.“ Und wenn doch? Dann müssten Agenturen sehr schnell erreichbar sein und Konzernerfahrung mitbringen.

Mich hat zunächst interessiert, was man denn heute überhaupt unter einer Krise versteht? Sicherlich kommt jedem dieses Wort schnell über die Lippen. Ursachen gibt es viele, je nach Branche und Unternehmen. Doch ein Fakt ist, dass die sozialen Netzwerken Problemfälle und echte Krisen durch ihre Geschwindigkeit verstärken, Stichwort „Shitstorm“. Krisen rollen schneller als in der Vergangenheit heran. Aber verschwinden sie nicht auch nach genauso kurzen Abständen wieder? Dazu sagt Bernd Engelien: „Man muss doch feststellen, dass es bei allem wissenschaftlichen Bemühen nicht die eine universalgültige Definition eines Shitstorms bzw. einer Kommunikationskrise gibt. Beiden liegen auch weiche Kriterien zu Grunde und jeder versteht im Detail etwas Anderes darunter. Man kann aber heute rückblickend feststellen, dass die allermeisten Shitstorms sich nach relativ kurzer Zeit wieder gelegt haben.“ Nur wenige Ereignisse dieser Art hätten eine messbare Auswirkung auf den Umsatz, die Reputation oder gar den Aktienkurs, erklärte der Kommunikationschef. Dies zeigten zahlreiche Untersuchungen.

Weiter sagte er: „Die große Kunst der Kommunikationsexperten besteht nun darin, die Fälle rechtzeitig herauszufiltern, die wirklich bedeutsam sind und einen Reputationsschaden anrichten können.“ Krisen kämen außerdem im Versicherungsbereich seltener vor als in anderen Branchen. Stellt ein Unternehmen Lebensmittel her, ist die Situation eine andere.

Gemeinsam Krisenpläne vorbereiten

Auch wenn Krisen bei Versicherungsunternehmen nicht häufig vorkommen, muss man doch trotzdem wissen, wer in diesen seltenen Fällen helfen kann. Engelien erläutert: „Wir unterhalten uns natürlich fortwährend mit den entsprechenden Spezialisten und stecken ab, wer sich in welchen Themengebieten auskennt. Die Handynummer von wichtigen Ansprechpartnern habe ich immer dabei. Idealerweise hat man sich nicht nur im Vorfeld unterhalten, sondern hat auch gemeinsam an Krisenplänen gearbeitet und diese zusammen optimiert.“

„Sinnvolle“ Größe

Wie muss aber nun ein Dienstleister aufgestellt sein, damit er in das „Relevant Set“ von Bernd Engelien kommt? „Wenn ich über einen Agenturpartner nachdenke, so ist es – von Ausnahmen abgesehen – immer gut, wenn dieser eine sinnvolle Größe aufweist. Die Agentur muss nicht zwingend international aufgestellt sein, aber man muss die Ansprechpartner gerade auch am Wochenende oder zur Urlaubszeit erreichen können. Denn Krisenereignisse treten häufig dann auf, und definieren sich auch unter anderem dadurch, dass die eigenen Kapazitäten nicht mehr ausreichen. Außerdem sollten die Verantwortlichen auf Agenturseite eine gewisse Konzernerfahrung mitbringen, wissen, wie hier Entscheidungsprozesse ablaufen und welche politischen Aspekte zu berücksichtigen sind. Nicht jede gute Agenturidee funktioniert auch in jedem Unternehmen. Kennt die Agentur diese Hintergründe, wird eine Zusammenarbeit einfacher“, beschreibt der Kommunikationschef seine Anforderungen.

Zu guter Letzt haben wir uns darüber unterhalten, wie ein Ansatz aussehen kann, mit dem Bernd Engelien Lust auf ein Gespräch bekommt. Er sagt dazu: „Wir arbeiten nur in wenigen Fällen mit Agenturen zusammen. Wer Gehör finden will, muss brandaktuelle Themen aufgreifen können. Welcher Ansatz es auch immer sein mag, die Ansprache muss professionell vorgetragen werden. Dies passiert leider nicht ganz so häufig, wie man sich dies wünscht.“ Eingelien führt ein Beispiel an: „Bei vielen Anrufen, die mich von Agenturseite erreichen, habe ich den Eindruck, dass dazu Call-Center angeheuert werden. Ich erwarte nicht, dass der erste Anruf vom Geschäftsführer der Agentur selber erfolgt. Aber wenn ich auch nur eine Nachfrage stelle und dann eine ausweichende Antwort erhalte oder eine, die von Nichtwissen geprägt ist, so hinterlässt dies nicht den besten Eindruck. Wenn ich was von Kommunikationsagenturen erwarte, dann dass sie Themen gut rüberbringen. Auch die eigenen.“

Call-Center können nicht antworten

Dass Agenturen in nicht wenigen Fällen Call-Center beauftragen, die nicht das ausreichende Verständnis vom Geschäft und vom New Business mitbringen, ist schon bei meinen Gesprächen mit den Marketingleitern zur gleichen Frage aufgefallen. Dies ist verwunderlich, weil Agenturen aus eigener Perspektive eine hochwertige Leistung anbieten. Warum arbeitet man dann aber mit Dienstleistern zusammen, die genau dies nicht vermitteln können und die Leistung der Agentur nicht wertig kommunizieren? Man muss nicht jede Frage sofort beantworten können. Aber es kann nicht sein, dass man bei der ersten Nachfrage, als Antwort ein persönliches Gespräch mit dem Geschäftsführer der Agentur anbietet.

Über den Autor: Heiko Burrack, arbeitete in der Kundenberatung verschiedener Agenturen (Dorfer Dialog, McCann-Erickson). Im Jahr 2003 gründete er Burrack NB-Advice. Diese berät Agenturen und Unternehmen, die ihre Kernleistung im Marketingbereich haben, bei der strategischen und operativen Neukundengewinnung. Neben dieser Tätigkeit ist Burrack als Referent, Trainer, Coach und Autor tätig.


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