Agile Denkpause Gebaut, um kaputt zu gehen? Wie Unternehmen das Vertrauen ihrer Kunden verspielen

Vor rund vier Wochen piepte unsere Spülmaschine Alarm. Wir riefen den Fachmann. Er kam, prüfte und erklärte: „Die Pumpe ist defekt.“ Unsere Alternativen: 680 Euro, um das Teil auszutauschen oder ein neues Gerät. Eine unerwartete News, erst vier Jahre zuvor hatten wir die Miele-Maschine angeschafft und vermeintlich bewusst auf Qualität gesetzt.

Vertrauen verspielt? (Foto: Unsplash)

Spülmaschinen, die nicht halten, was sie versprechen, sind beliebte Smalltalk-Sujets. Und so erzählten wir in diversen Runden munter von unserem Miele-Malheur. Was uns erstaunte, war die immer gleiche Reaktion: „Kein Wunder. Die Unternehmen bauen ihre Geräte absichtlich so, dass sie nicht lange halten. Damit man schnell neue kauft.“

Ein Narrativ, das weit verbreitet ist und die Politik bereits erreicht hat, die den Ball nun zurückspielt. In der vergangenen Woche hat das EU-Parlament das „Recht auf Reparatur“ verabschiedet. Es soll helfen, die Kreislaufwirtschaft in der EU anzukurbeln und die Müllberge zu reduzieren. Die neue Richtlinie nimmt Hersteller von Haushaltsprodukten wie Spülmaschinen, Staubsauger und sogar Smartphones in die Pflicht, diese nun auch nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistung kostengünstig zu reparieren.

Geplante Obsoleszenz?

Als „PR-Frau“ ist der Fall für mich damit nicht erledigt. Mich beschäftigt die Frage, wie sich das Narrativ, dass Hersteller das Ableben ihrer Produkte am Konferenztisch planen, derart verbreiten kann. Wo kommt es her? Was ist dran? Was man im Internet dazu findet, hört sich nicht gut an. Der geplante Verschleiß von Produkten sei eine gängige Marketingstrategie heißt es dort, „geplante Obsoleszenz“ lautet das Fachwort. Unklar bleibt, wie weit das Phänomen reicht.  

Ich mache keinen Hehl daraus: Geplante Obsoleszenz ist mir zutiefst zuwider. Der gewollte Produkttot ist eine abstruse Art von Mord, die das Vertrauen in Marken und Unternehmen in ihrem tiefsten Kern erschüttert. Marken werden von Menschen gemacht, von Menschen geführt und von Menschen genutzt. Ein dynamisches System Beziehungen, das weitreichende Potenziale entfalten kann, sofern es aufrichtig ist.

Buhlen um Vertrauen wird zur Farce

Das Buhlen um das Vertrauen von Kunden wird jedoch zur Farce, wenn ihr eine dubiose Doppelmoral zugrunde liegt. Seit Jahren wünschen wir uns von Unternehmen, dass sie Stellung beziehen. Haltung ist gefragt, aber auch Corporate Social Responsibility (CSR). Tatsache ist: Jeder ESG- und Nachhaltigkeitsreport entartet zum schlechten Witz, wenn wir uns die Müllberge frühzeitig entsorgter Spül-, Waschmaschinen, Staubsauger und Smartphones vor Augen führen.

Vertrauen baut sich nicht auf Hinterlist auf. Image schon gar nicht. Ich sehe Handlungsbedarf. Niemand von uns will an der Nase herumgeführt werden. Es wird Zeit, dass Hersteller wie Miele, Siemens, Bosch oder auch Apple Stellung beziehen und dem Narrativ vom gewollten Tod ihrer Produkte endlich etwas entgegensetzen.

Über die Autorin: Kathrin Behrens ist Partnerin bei elfvorzwölf, einer Boutique-Beratung für Transformation und Kommunikation für den Mittelstand. Sie unterstützt Unternehmen im Wandel dabei, eine wirkungsvolle Change-Strategie und -Story zu entwickeln. Als Trainerin vermittelt sie Kernkompetenzen der Kommunikation und Strategien für Profis.

Seitennavigation